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Berichte

Gipfel der Globalisierungskritiker

Während sich in New York Spitzen aus Wirtschaft und Politik zum Weltwirtschaftsforum treffen, sammeln sich in der südbrasilianischen Hafenstadt Porto Alegre Globalisierungskritiker aus aller Welt.

(von Gerhard Dilger, FAZ)

Das am Donnerstag beginnende zweite Weltsozialforum soll das bisher größte globalisierungskritische Treffen werden: 15.000 Delegierte von 6.000 Organisationen aus über 100 Ländern werden erwartet. Auf 800 Workshops, 26 thematischen Großdebatten und unzähligen Zusatzveranstaltungen werden Alternativen zur "neoliberalen Globalisierung" diskutiert. Das Treffen dauert bis zum 5. Februar. Am 4. Februar findet eine Protestkundgebung gegen die bis zum Jahr 2005 geplante gesamtamerikanische Freihandelszone FTAA statt.

Masse und Vielfalt

Die Veranstalter rechnen damit, dass sich 60.000 Menschen an den Aktivitäten beteiligen werden. Wie schon im Vorjahr ist das Spektrum der Teilnehmer ebenso breit gefächert wie die Themen, die sie diskutieren werden. Kleinbauern und Indianer, Künstler und Intellektuelle, Umwelt- und Politaktivisten, Wissenschaftler und Politiker, Friedensnobelpreisträger und hohe UNO-Beamte, Gewerkschafter und prominente Vordenker der globalisierungskritischen Bewegung aus aller Welt haben ihr Kommen zugesagt.

Die Frage "Krieg und Frieden" soll ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Einer der profiliertesten Kritiker der US-Außenpolitik, der nordamerikanische Linguistikprofessor Noam Chomsky, wird die Sondertagung zu diesem Thema eröffnen. Ebenfalls im Blickpunkt des Interesses steht die Argentinienkrise. Für den brasilianischen Gewerkschafter Kjeld Jakobsen ist sie "ein Symbol für das Versagen des Neoliberalismus" und eine Warnung für die anderen Länder des Südens.

Deutsche Beteiligung

Auf Einladung des örtlichen Goethe-Instituts nehmen Gäste aus Deutschland an mehreren Workshops teil, darunter der SPD-Umweltpolitiker Hermann Scheer, die gewerkschaftsnahen Globalisierungskritiker Elmar Altvater und Birgit Mahnkopf sowie der Publizist Matthias Greffrath. Angemeldet haben sich zudem vierzig deutsche Organisationen, die vorwiegend im entwicklungspolitischen Bereich tätig sind.

Ziel: Punkten in der Öffentlichkeit

Der Erfolg des diesjährigen Weltsozialforums wird vor allem daran gemessen werden, ob es den Teilnehmern gelingt, ihre konsensfähigen Reformvorschläge medienwirksam zu vermitteln. Das "Volk von Porto Alegre" möchte die Auseinandersetzung mit den mächtigen Firmen und Regierungen des Nordens gestärkt fortführen.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September sei es in Nordamerika "unmöglich geworden, zu demonstrieren," sagt die Kanadierin Maude Barlow vom "Council of Canadians", einer Gruppe, die sich der Kritik an der Welthandelsorganisation WTO verschrieben hat. Porto Alegre hingegen sei als Treffpunkt, wo "die Bewegung positiv zusammenkommen" könne, derzeit besonders wertvoll.

Auch 2003 in Porto Alegre

Für den philippinischen Soziologen Walden Bello hat sich die internationale Stimmung durch die Argentinienkrise und den Skandal um die Energiefirma Enron in den USA bereits gedreht: Die "Legitimationskrise der globalen Elite und ihres Globalisierungsprojekts unter dem Kommando der Multis" sei zurückgekehrt. Porto Alegre liefere den "perfekten Ort und den perfekten Zeitpunkt für die Gegenoffensive".

Am Dienstag fiel die erste wichtige Entscheidung über die Zukunft des Weltsozialforums: Auch im kommenden Jahr wird es in Porto Alegre ausgerichtet - mangels realistischer Alternativen. Dies beschloss das internationale Komitee, ein Zusammenschluss von 50 Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt.  Auf das Gegenmodell, mehrere gleichzeitig stattfindende Kontinentalforen, soll nun für 2004 hingearbeitet werden. Auch in den kommenden Jahren soll das Forum parallel zum Weltwirtschaftsforum von Davos beziehungsweise New York stattfinden, um einen bewussten Gegenpol zu bilden.

 

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