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Berichte

DIE GRENZPOLITIK DER EU IN AFRIKA UND DIE CHARTA FÜR GLOBALE BEWEGUNGSFREIHEIT

Bericht zur „Karawane für Bewegungsfreiheit und Entwicklung“ von Bamako zum Weltsozialforum in Dakar im Februar 2011

(von Andrea Plöger)

"Wir gedenken heute der vielen Toten. All derer, die bei dem Versuch zu migrieren, gestor-ben sind. [...] Sie kommen aus Mali oder aus anderen afrikanischen Ländern auf ihrem Weg durch Mali nach Europa. Und dann werden sie abgeschoben, nicht aus Europa, sondern aus Mauretanien oder Algerien oder Marokko. Und man lädt sie in der Wüste ab. [...] Aber sich frei zu bewegen ist ein Menschenrecht.

  Wenn aber die Baumwolle aus Mali nach Europa soll, da kann sie sich erstaunlicher Weise frei bewegen, genau wie das Gold aus Mali sich in Europa frei bewegen kann und auch das Öl aus dem Kongo oder das Uran aus dem Niger. Und auch das Coltan aus dem Kongo hat keine Schwierigkeiten, die Grenzen nach Europa zu überwinden. Die BürgerInnen Afrikas jedoch werden daran gehindert."

Victor Nzuzi, Afrique-Europe- Interact und Via Campesina Aktivist, DR Kongo


KAPITEL 1: DER AFRIKANISCHE KONTINENT – DER DRUCK ZUR MIGRATION STEIGT

In diesen Tagen und Wochen, in denen Europa und andere OECD Staaten den „Willen zur Demokratie‚ der Bevölkerung Nordafrikas loben, streben einige von denjenigen, die diese Demokratisierungswelle ins Rollen gebracht haben, nach Europa. Der Notstand wurde be-reits ausgerufen auf der italienischen Insel Lampedusa, wo viele der MigrantInnen aus Tu-nesien angekommen sind. Das Frontexsystem, das die EU auch in Tunesien installiert hat, ist außer Kraft gesetzt. Die Menschen machen sich auf den Weg, zunächst aus Tunesien, aber in der EU fürchtet man vor allem ein „Loch‚ im Grenzwall, durch den MigrantInnen des ganzen afrikanischen Kontinents nach Europa gelangen könnten.

Einige EU RepräsentantInnen wurden bereits nervös als das neue demokratische Tunesien die „militärische Unterstützung‚ der EU nicht sofort akzeptierte. Denn alle wissen, dass an allen Grenzpunkten zu Land und zu Wasser bereits Tausende warten, die bereit sind ihr Leben zu riskieren, um das Überleben ihrer Familien in Afrika zu ermöglichen. Es handelt sich um die Generation der jungen - in der Mehrheit gut ausgebildeten - Männer, deren Fa-milien ihre Rücklagen aufgebraucht haben, um den aussichtsreichsten Sohn nach Europa zu schicken: auf dass er das Überleben der Familie in Afrika sichere. Es handelt sich auch um Frauen, die der Enge der Umstände in ihren Familien und Dörfern entfliehen und ein selbst bestimmtes Leben wagen wollen, und es handelt sich um Flüchtlinge aus Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen, deren Leben in Gefahr ist. Auch eine hohe Zahl von Kindern und unbegleiteten Jugendlichen ist unterwegs.

Einer großen Zahl dieser Menschen müsste in einem Asylverfahren Asyl gewährt wer-den. Doch durch den Aufbau des externalisierten Grenzregimes der EU ist eine Beantra-gung von Asyl praktisch unmöglich geworden. Die Erfahrungen, die Flüchtlinge und MigrantInnen, die sich trotzdem auf den Weg machen (müssen), in diesem Grenzregime aus vielen Hürden und einigen lebensgefährlichen Passagen machen, lassen sich kaum in Worte fassen. Die Routen, die sie auf ihrem Weg nach Europa nehmen, haben sich durch den Ausbau des Frontexgrenzsystems der EU zu einer Zone der systematischen Menschen-rechtsverletzungen entwickelt, in der viele ihr Leben lassen und mindestens genauso viele ihre geistige und physische Gesundheit.

Die EU Grenzpolitik hat auch das Schweigen über das Leiden und Sterben einer ganzen Generation von afrikanischen HoffnungsträgerInnen zum Ziel. Wenn in diesen Tagen die Rede von „Hilfe‚ ist, so ist damit gemeint, dass Frontex weitere Millionen Euro erhalten soll, um die Menschen davon abzuhalten nach Europa zu streben.

In Afrika hat es sich herum gesprochen, dass die EU keine AfrikanerInnen mehr als Arbeitskräfte braucht. Das ändert jedoch nichts daran, dass das Meer leer gefischt ist von großen internationalen Fischereiflotten; dass die Minen, in denen transnationale Konzerne wertvolle Metalle fördern lassen, eine oftmals unbewohnbare und vergiftete Landschaft hin-terlassen; dass Vergewaltigungen an Frauen und Kindern gezielt zur Einschüchterung der Bevölkerung eingesetzt werden; dass Konzerne das Grundwasser und den vom Klimawandel bisher unberührten fruchtbaren Boden für ihre Biodieselplantagen aufbrauchen und dass Freihandelsverträge die Preise für viele Agrarprodukte Afrikas unter das Niveau der Produktionskosten gedrückt haben.

Vor 20 Jahren schien die Einmauerung eines Landes kein gangbarer Weg mehr zu sein, die Abschottung eines ganzen Kontinents durch eine unsichtbare doch ungleich tödli-chere Mauer, durch die nur die mannigfaltigen Rohstoffe Afrikas gelangen, ist gerade hochaktuell.

Die in diesem Bericht dargestellte Situation von AfrikanerInnen, die viele zur Migration drängt, wie auch einige der beschriebenen Erfahrungen von MigrantInnen mit dem externa-lisierten Grenzsystem der EU haben wir – als TeilnehmerInnen der Karawane für Bewe-gungsfreiheit und Entwicklung zum Weltsozialforum 2011 – in Gesprächen mit afrikani-schen AktivistInnen und auf den Stationen der Karawane in Gesprächen mit BürgerInnen erfahren. Die dort angesprochenen Themen und Sachverhalte, habe ich durch eigene Re-cherchen und Hintergrundberichte aus Zeitungen, von Online-Portalen und Büchern, er-gänzt. Es handelt sich daher auch um keine vollständige Darstellung von Migrationsgrün-den und -umständen. Es handelt sich vielmehr um Themen und um Sachverhalte, die von verschiedenen Seiten an uns herangetragen und auch auf dem Weltsozialforum an unter-schiedlichen Orten zur Sprache gebracht wurden.

50 Jahre neue Abhängigkeiten

Auch ein Bericht zur aktuellen Lage in (West-) Afrika muss mit der Kolonisierung des Konti-nents durch Europa beginnen. Denn nicht nur die Versklavung und Verschleppung von Mil-lionen AfrikanerInnen hat das Gemeinwesen auf dem Kontinent nachhaltig geschädigt, sondern auch die Grenzziehungen, wie sie die europäischen Kolonialmächte auf der Berliner Kongokonferenz 1884/85 festlegten, haben zu zahlreichen Kriegen und Konflikten geführt1 und geben Richtungen und Ziele von innerafrikanischer und transkontinentaler Migration bis heute vor.2

Der 50. Jahrestag der Dekolonisation, der im letzten Jahr für viele Länder des Konti-nents anstand, machte darüber hinaus deutlich, dass vor allem die einstigen Kolonialmächte wie Frankreich einen Grund zum Feiern sahen, viele AfrikanerInnen jedoch nicht.3 Die Ge-schichte einer Mehrzahl unabhängiger afrikanischer Staaten, die zwischen Militärputschen, vom IWF und von der Weltbank auferlegten Strukturanpassungsprogrammen, demokrati-schen Prinzipien spottenden Freihandelsverträgen und Infrastrukturprojekten und nicht zu-letzt der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, vertraglich vereinbart zwischen den afri-kanischen Eliten und internationalen Konsortien in der Regel unter Ausschluss der üblichen Menschenrechts-, Umweltschutz- und ökonomischen Standards, oszilliert, gibt auch wenig Anlass zum Feiern.

Bernhard Schmid beschreibt die Gründe, die Frankreich als größte Kolonialmacht in Westafrika dazu bewogen hat, seine Kolonien innerhalb weniger Jahre in die Unabhängig-keit zu entlassen, in einem Absatz mit der Überschrift: „Alles muss sich ändern, damit nichts sich (im Grunde) ändert‚: „Zum einen zog man es in Paris vor, selbst das Heft in die Hand zu nehmen und die Initiative nicht den, oft als pro-sowjetisch verschrienen, Unabhängigkeitsbewegungen in den jeweiligen Ländern selbst zu überlassen.‚4 Gleichzeitig galt es, den Einfluss der BürgerInnen der Kolonialstaaten auf die französische Politik, z.B. als Wähle-rInnen der französischen Präsidenten, der nach einer Reform des Wahlrechts in Frankreich nun direkt gewählt werden sollte, zu verhindern. Die „kolonialen Gouverneure‚ sollten durch „einheimische Präsidenten‚ ersetzt werden – allerdings unter Wahrung der französi-schen (und derer der anderen Ex-Kolonialmächte) Interessen an den Rohstoffen des Kontinents und der damit einhergehenden Einflussnahme auf die neuen unabhängigen Staaten. Die Militärpräsenz Frankreichs (und anderer Kolonialmächte) blieb daher erhalten – sichtbar auch an den Militärputschen und Morden an Staatsoberhäuptern, die sich widersetzten.5

Für die finanzielle Abhängigkeit und die Knebelung sorgte bereits die bei der Gründung der neuen Staaten festgeschriebene Koppelung der neuen Währungen an den französi-schen Franc, mittlerweile den Euro. Viele der neuen Staaten beugten sich ferner dem Druck, sich einem der beiden politischen Systeme anzuschließen, was die jungen Staaten fragiler werden ließ als sie ohnehin aufgrund des kolonialen Erbes waren. Bereits vor dem Ende der Systemkonkurrenz gerieten sie in zunehmende wirtschaftliche Abhängigkeit eines der Systeme, in der Mehrheit der Fälle in Abhängigkeit von den internationalen Finanzinstitutionen des kapitalistischen Systems. Vor allem der Weltwährungsfonds und die Weltbank und ganz aktuell der Versuch einer Neuauflage des Multilateralen Investitionsabkommen MAI6 bewirk(t)en eine Fortsetzung der Abhängigkeit des Kontinents und eine Unterwerfung der materiellen und politischen Interessen der afrikanischen Staaten unter die Interessen der OECD Länder und zunehmend auch der Schwellenländer.  

Während sich diese Institutionen als demokratisch legitimierte Interessenvertretungen einer globalisierten (Wirtschafts-) Welt sehen, so erklärt ihre Entstehungs- und Funktions-weise die oftmals verheerenden Auswirkungen, die ihre Politik der wirtschaftlichen Anpassungen für die nationalen Ökonomien hatte. Die internationalen Finanzinstitutionen, die sich als Interessenvertretung aller Mitgliedsländer verstehen, sind de facto Interessenvertretungen der Industrieländer, da das Stimmrecht an die Höhe der Mitgliedsbeiträge gekoppelt ist.7

Die Schulden der Länder der Peripherie, die vor allem in den 1970er und 1980er Jahren zur Finanzierung großer Infrastrukturprojekte mit dem damals billigen Geld der Weltbank und anderer Kreditgeber aufgenommen wurden – in dem Glauben, die Entwicklung der In-dustrieländer beschleunigt nachvollziehen zu können - bilden heute das größte Entwick-lungshindernis für den Kontinent und haben die Schuldnerländer immer enger an die inter-nationalen Finanzinstitutionen und ihre Strukturanpassungsprogramme gebunden. In der offiziellen Selbstbeschreibung des IWF, die 1998 das letzte Mal überarbeitet wurde, steht: „Da der IWF gegenüber allen Mitgliedsländern verpflichtet ist, die finanzielle Integrität sei-ner Transaktionen zu wahren, gewährt er Darlehen nur unter der Bedingung, dass das Mit-glied das geliehene Geld effektiv einsetzt. Der Kreditnehmer verpflichtete sich daher eine Reihe von Reformen durchzuführen, die die Ursache der Zahlungsschwierigkeiten beseiti-gen und den Boden für ein wirtschaftliches Wachstum „von hoher Qualität‚ bereiten."8

Viele der auf den Weg gebrachten Großprojekte waren und sind jedoch auch einfach Bereicherungsinstrumente der lokalen Eliten und der Banken und Firmen in den OECD Län-dern (und mittlerweile auch vielen Schwellenländern, wie sich beim Thema Land Grabbing weiter unten zeigt).9

Entwicklungspolitik für die Industrie- und Schwellenländer in Afrika

Aktuelle Großprojekte der Weltbank sind u.a. Großstaudämme im Kongo und im Sudan. Zwei Projekte, die jeglichen Umwelt- und Menschenrechtsstandards spotten und die ver-mutlich erneut den Strom an den lokalen Gemeinden und Städten vorbei in die Zentren Nord- und Südafrikas, eventuell gar bis nach Südeuropa leiten sollen. Zudem sind die Ackerbauern, die das fruchtbare Land am Flusslauf bebaut haben, ohne Entschädigungen vertrieben worden und die Länder haben sich wieder einen Schritt von der Ernährungssi-cherheit entfernt.10 Im Kongo, wo sich weltweit die kostbarsten Rohstoffe befinden, ist die Vergewaltigung von Frauen und Kindern, trotz mittlerweile etablierter UNO-Soldaten-Präsens, Kriegsmittel im Kampf um die Ressourcen geworden. Hier ist nun der bis dato größte Staudamm der Welt geplant.11 Außerdem haben die G8 die Weltbank damit beauf-tragt, ihr Engagement in Afrika zu führen.

Mindestens genauso große Investitionen wie der IWF und die Weltbank in Infrastrukturprojekte und Großprojekte machen die Exportkreditagenturen, wie sie alle OECD Länder und mittlerweile auch einige Schwellenländer unterhalten und die mit Steuergeld Investiti-onsvorhaben nationaler Konsortien und Banken absichern.12 Diese Exportkreditagenturen sind weltweit auch die größten Investoren in Minen und die Förderung fossiler Brennstoffe.

Ein Beispiel für die jegliche Menschenrechts- und Umweltstandards missachtende Poli-tik des Abbaus und Ausverkaufs natürlicher Ressourcen sind die zahlreichen Minen in Afrika. Während die Profite zu einem Großteil ins Ausland abfließen und der Rest in der Regel bei einer kleinen lokalen Elite verbleibt, tragen die BürgerInnen die ungebremsten Folgen. Die lokalen Regierungen spielen oftmals die Rolle des Repressionsapparates zur Unterdrückung der Proteste der in ihrer Existenz bedrohten Menschen.

So geschieht es auch regelmäßig über die französische Exportkreditagentur COFACE mit Projekten des Atomkonzerns AREVA. Neben der staatlichen Förderung der Atomenergie, die auch innerhalb der EU stark umstritten ist13, wird auch der Bau von Minen zur Förderung von Uran unterstützt. AREVA sieht diese Minen, die bisher hauptsächlich im Niger betrieben werden, aber deren Ausdehnung aufgrund der internationalen Renaissance der Atomenergie und des daher gesteigerten Bedarfs an Uran geplant ist14, als „nachhaltiges Industrieprojekt‚ und eine „win-win-Situation‚ für den Niger und den Konzern, der „auch in schlechten Zeiten ein treuer Partner‚ des Niger gewesen sei.15

In der Realität sind die Erfahrungen von betroffenen Gemeinden im Niger mit den vom Konzern betriebenen Minen haarsträubend:

  „Die BewohnerInnen der Elendsviertel gehören zu den großen VerliererInnen des Urangeschäfts. Sie stammen vorwiegend aus der 'Volksgruppe' der Tuareg und nutzen die mittlere Sahara im Grenzgebiet zu Mali, Libyen und Algerien seit dem siebten Jahrhundert als Weide-, Wander- und Anbaugebiet. Dieser Lebensraum gilt als äußerst empfindliches Ökosystem. Nur dank riesiger unterirdischer Grundwasserreservoire sowie zahlreicher Regenwasserspeicher, die über ein ausgeklügeltes System von Brunnen angezapft werden, konnte er überhaupt besiedelt werden. [...] nicht nur die Luft in der näheren Umgebung ist radioaktiv kontaminiert. Auch Straßen, Plätze und Häuser, für die einfache Erde als Baustoff benutzt wird, weisen Werte stark erhöhter Radioaktivität auf. [...] Wenn bei diesem Horror-szenario überhaupt eine Bewertung der jeweiligen Emissionen vorgenommen werden kann, so stellt in einem Wüstengebiet die Beeinträchtigung des Grundwassers langfristig die größte Gefahr für das Überleben der dort siedelnden Menschen dar. Hierbei geht es nicht nur um die voranschreitende radioaktive Kontaminierung vieler Brunnen, vielmehr gräbt der Uranabbau der Bevölkerung im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser ab.‚16
In Mali, im noch artenreichen Grenzgebiet zu Guinea und Senegal, wächst derzeit der Widerstand gegen die Einrichtung einer Uranmine.17 An dem Beispiel der betroffenen Gemeinde Falea zeigt sich, wie ausländische Firmen und die malische Regierung und der ihr zur Verfügung stehende der Polizeiapparat, zusammen arbeiten:

Im Gegensatz zu anderen betroffenen Kommunen, gab es in Falea zwei prominente Aktivisten18, die aus der Gemeinde stammen und die sich für die Einhaltung von Umwelt- und Menschrechtsstandards bei der Projektierung einsetzen. Der zwischen dem Unternehmen und der malischen Regierung geschlossene Vertrag über den Abbau von Uran in Falea, ist geheim und wurde unter Ausschluss der Bevölkerung geschlossen. So entschied der Journalist Nouhoum Keita sich als Kandidat bei den Wahlen aufstellen zu lassen, um dem Thema mehr Präsenz zu verleihen. Vor den Wahlen wurde der Gründer einer Radiostation und Kommunikationsverantwortliche des Weltsozialforums 2006 in Bamako verhaftet und trotz der raschen Aufklärung und Entkräftung der Betrugsvorwürfe durch das vermeintliche Op-fer erst nach 49 Tagen im Gefängnis und nach Schließung der Kandidatenliste wieder frei-gelassen. Nach seiner Freilassung versuchte man, sein Schweigen zu erkaufen.19 Der Kampf um die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in Falea geht jedoch weiter20 und war auch auf dem Weltsozialforum 2011 in Dakar präsent.

Wieder eine neue Chance für Afrika!? Die Globalisierung

Die seit der Unabhängigkeit sich etablierende abhängige Wirtschaftsordnung hat seit dem Zusammenbruch der Systemkonkurrenz und der damit einhergehenden neoliberalen Aus-richtung der Globalisierung eine Verschärfung erfahren. Die Folgen dieser Verschärfung forcierter Marktöffnungen und Monetarisierung und der durch internationale Freihandels-verträge sanktionierten Ausplünderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und Fischerei, in der weiterhin der überwiegende Teil der afrikanischen Bevölkerung tätig ist, hat auch zu einer stetig sich vergrößernden Migrationsbewegung vom Land in die Stadt und einer damit einhergehenden Auflösung von dörflichen Solidargemeinschaften geführt. Mittlerweile kommen noch die Folgen des Klimawandels und der Verknappung natürlicher Ressourcen hinzu, die wiederum zu einer Spekulation mit lebenswichtigen Gütern, und in den letzten Jahren auch mit fruchtbarem Ackerland, geführt haben. Die Privatisierung sowohl ländli-chen Ackerbodens bzw. Waldes, als auch von Stadtvierteln zur Inwertsetzung durch – in der Mehrheit ausländische – Investoren, hat die Landflucht und die innerafrikanische und transkontinentale Migration weiter ansteigen lassen. Es handelt sich bei diesen Faktoren um eine sich selbst beschleunigende Kette von Inwertsetzungsprozessen von Gemeingut – in der Mehrheit in Form natürlicher Ressourcen – die eine Spur der Verwüstung hinterlässt.

Während die Folgen dieser Art der Durchkapitalisierung in den Industrieländern oft schon zu einer Erosion des Gemeinwesens mit den gegenwärtig zu beobachtenden sozialen und politischen Folgen geführt haben, so ist die mit voller Wucht ungebremst auf eine sehr verwundbare Bevölkerung treffende neoliberale Globalisierung in Afrika ungleich verheerender in ihren Auswirkungen. Der seit einigen Jahren zu beobachtende Trend des „Land Grabbing‚ trifft gerade die Länder, die ohnehin am weitesten von einer Ernährungssicherheit der Bevölkerung entfernt sind. Uwe Höring, der sich seit Jahren mit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen nach kapitalistischen Prinzipien befasst, schreibt:

„Ein neues Phänomen hingegen ist die massive Beteiligung von Spekulanten, Investmentfonds und Banken, die empfehlen, in den 'einzigen Produzenten von Agrarprodukten' zu investieren – in Land. Angesichts der Finanzkrise suchen sie nach neuen Finanzproduk-ten und haben erkannt, dass die Begrenztheit natürlicher Ressourcen Investitionen in die Landwirtschaft zunehmend lukrativer machen könnte. Denn neben Erdöl werden auch Argrarland und Wasser knapp - nach 'peak oil', dem Höhepunkt der Erdölförderung, droht inzwischen 'peak soil'. Damit wächst die Diskrepanz zwischen dem produktiven Wert von Land, etwa durch bäuerliche Landwirtschaft, seinem Wert für die kommerzielle Agrarindustrie, die eine höhere Wertschöpfung herauszuholen verspricht, und dem spekulativen Wert – der den 'Marktwert' in die Höhe treibt. Noch sind Land oder Wasser in den meisten Ländern des Südens im globalen Vergleich unterbewertet oder sogar kostenlos. Damit verspricht ein industrielle, kommerzielle Landwirtschaft, profitabel zu werden – sogar mit Grundnahrungsmitteln, vorausgesetzt, sie sind nicht für die Armen gedacht."21

Internationale Finanzorganisationen wie die Weltbank haben auch hier die Voraussetzungen für eine Kapitalisierung geschaffen, in dem sie ihre Entwicklungspolitik grundsätzlich an dem (sich globalisierenden) Markt ausrichteten. Inzwischen partizipieren die zu Schwellenländern aufgestiegenen ehemaligen Entwicklungsländer ebenfalls an der forcierten Marktöffnung afrikanischer Subsistenzökonomien. Für die Sicherung der Ernährungs-souveränität bzw. die Beschaffung so genannten Biodiesels kaufen sie Land in der Peripherie auf (und oftmals die lokalen Wasserquellen gleich mit), bzw. pachten das Land auf lange Zeit. In Mali ist es vor allem der Nachbarstaat Libyen, der das fruchtbarste Land am Niger für die nächsten 50 Jahre gepachtet hat und gerade dabei ist, sich einen privilegierten Zu-gang zum knappen Wasser in der Region zu sichern, um dort riesige Reismonokulturen an-zulegen, die die Sortenvielfalt bedrohen und bei einem möglichen Einsatz von GMOs sogar kontaminieren würden.22 Gleichzeitig hat eine private Firma namens Tomota, zu deren Website die Allgemeinheit keinen Zugang hat23, in derselben Region auf 100.000 Hektar Land Jatropha Monokulturen angelegt, um daraus Biodiesel zu gewinnen – einen Treibstoff, den in Afrika vermutlich kaum jemand verwenden kann, da hier in der Mehrheit die ausrangierten und mittlerweile in deutschen Innenstädten nicht mehr zugelassenen Autos fahren.

Während nur wenige arbeitslos gewordene Fischer und nur wenige von ihrem Land vertriebene BäuerInnen den Weg nach Europa suchen und noch viel weniger ihn finden, so wandern viele dieser Arbeitslosen und Entrechteten in die Städte ab, die explosionsartig wachsen und in denen es zunehmend ebenfalls an Möglichkeiten zum Verdienen des Lebensunterhalts mangelt. Denn aufgrund verschiedener Strukturanpassungsprogramme, sowie der weiterhin extrem hohen Staatsverschuldung der Mehrzahl afrikanischer Staaten sind die öffentliche Daseinsvorsorge und die dazugehörigen Arbeitsplätze inzwischen kaum noch vohanden. Die einst profitablen staatlichen Unternehmen, wie die Bahn im Senegal und in Mali, sind längst an Investoren veräußert worden, die, wie andernorts auch, den Profit auf Kosten der Instandhaltung und der Arbeitskräfte maximieren. Im Fall des Dakar-Niger-Expresses, einst eine viel benutzte Bahnstrecke und wichtige Verbindung zwischen den Ländern, traten wieder einmal die nationalen Regierungen als Repressionsapparat in Erscheinung, als sich Widerstand gegen die Privatisierung formiert hatte.

"Die Politik der neuen Eigentümerin ist eine Katastrophe für Land und Leute: Der Personenverkehr wurde vernachlässigt, Lohnniveau und Sozialleistungen gesenkt, 632 Arbeitsplätze abgebaut, die Gewerkschaften unterdrückt, zugesagte Investitionen nicht getätigt. Gegen die Streiks und Demonstrationen im März und Juli 2006 wurde mit Aussperrungen, Entlassungen, Drohungen hart durchgegriffen. 21 senegalesische und malische Eisenbahner, darunter der Gewerkschaftsführer Pierre Ndoye aus Dakar, konnten die Arbeit bis-her nicht wiederaufnehmen.[...] In unserem Fall hat sich ein kanadischer Investmentfonds eine Geldanlage mit 25-jähriger Laufzeit gesichert und – mithilfe der Weltbank, im Einvernehmen mit der senegalesischen Regierung von Abdoulaye Wade und der malischen Regierung von Amadou Toumani Touré – ein Schienennetz unter den Nagel gerissen, das im Prinzip wirtschaftlich gesund und der Stolz zweier Nationen war. Bislang haben es die Regierungen von Senegal und Mali aber unterlassen, Transrail an ihre Verpflichtungen zu erinnern."24

Nicht Verursacher aber Empfänger des Klimawandels: Afrika

  Neben dem Boden wird auch zunehmend das Wasser knapp, und diese Wasserknappheit hat bereits die Investoren angelockt. Der Klimawandel trägt in den trockenen Zonen Afrikas, wie der Sahelzone, ebenfalls mittlerweile erheblich zur Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung bei. In den subtropischen und tropischen Zonen wechselten sich in den letzten Jahren dürre Perioden mit extrem regenreichen Perioden ab, was in kurzer Zeit zu einer erheblichen Erosion der Böden führte.25 Hinzu kommt die zunehmende Vergiftung von Böden durch Minen, die Agrarindustrie, Müllkippen und das Abkippen von giftigen Lösungen und Stoffen – oftmals Importe aus den Industrieländern.26 In einem 2009 für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erstellten Bericht stellt sich die Lage in West Mali folgendermaßen dar:

„Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass materielle Beweggründe angesichts der fehlenden Möglichkeiten, in den Dörfern Geld zu verdienen [...], aus der Perspektive der Dorfbevölkerung das Hauptmotiv für Migration darstellen. Dabei wurden zu Beginn der Ge-spräche immer auch die schlechten Ernten in den letzten Jahren und die daraus resultieren-de Nahrungsmittelknappheit als drängendstes Migrationsmotiv erwähnt. Auch die dadurch verstärkte allgemeine Armutssituation wie die zunehmende Degradierung der Umwelt und Verknappung natürlicher Ressourcen wurden im Zusammenhang mit einem gestiegenen Migrationsdruck thematisiert. Insgesamt war die Situation in Sagalá, bzw. der gesamten Gemeinde Belén durch eine allgemeine Verarmungstendenz [...] gekennzeichnet, die sich aufgrund des zu Beginn des Jahres 2008 beschleunigten Preisanstieges [...] akzentuiert hat. Außerdem führten die spärlichen Regenfälle und entsprechend schlechten Ernten in den Vorjahren zu einer akuten Lebensmittelknappheit in der Region. [...] Viele Familien in der Gemeinde sehen sich gezwungen ihre Kinder wegzuschicken, da sie sie nicht ernähren können27. Sie gehen mit zu Verwandten, wo sie vielfach als unbezahlte Arbeitskräfte tätig sind. Von 80 Familien in Sagalá sind nach Aussagen des Bürgermeisters nur zwei in der Lage mit landwirtschaftlichen Aktivitäten für ihre eigene Subsistenz aufzukommen."28

Auch in dieser Region, in der sich die „Route du Poisson‚ befindet, hat die Abnahme der Wassermenge im Niger (aufgrund von Staudammbauten und Bewässerungsprojekten wie für das Nigerdelta beschrieben und auch aufgrund von verlängerten Dürreperioden) und die Verschmutzung des Flusses zu einer deutlichen Abnahme des Fischbestandes geführt.29 In Mali ist Fisch eines der Hauptnahrungsmittel und der Rückgang des Fischbestandes wirkt sich unmittelbar auf die Ernährung der Bevölkerung aus.
  Ähnlich verhält es sich mit der Lage der Bevölkerung an den afrikanischen Küsten, von denen die Mehrheit seit ihrer Besiedlung als Fischer lebt. Da ein europäisches Fischereiflottenboot in einer Nacht so viel Fisch fängt, wie ein Fischer früher in 10 Jahren fangen konnte, ist der Fischbestand hier dramatisch zurück gegangen, seit Regierungen wie die Senegals ihre Fischereirechte verkauft haben. Zudem fischen die großen Flottenboote mithilfe von Schallwellen und vertreiben so die restlichen Fischbestände von den Küsten. Das hat dazu geführt, dass der Fischfang sich nicht mehr lohnt und eine statistisch kaum erfasste große Zahl von Arbeitslosen an den Küsten des Kontinents entstanden ist. Der Zusammen-hang zwischen dem Verlust der Lebensgrundlagen und Migration über das Meer in Westafrika bzw. Piraterie in Ostafrika ist hier offensichtlich. In Westafrika zeichnet sich gerade ebenfalls ein Trend zur Piraterie ab.30 Die wenigen Fischer, die noch nicht aufgegeben haben, leben zudem gefährlich, seit Frontex und eine kaum überschaubare Zahl von Marine-schiffen der Industrie- und Schwellenländer, sie unter Generalverdacht gestellt haben und ohne öffentliche Kontrolle auf dem Meer pattroulieren.31

KAPITEL 2: DAS MIGRATIONSMANAGEMENT DER EU

In den letzten Jahren hat sich in Europa ein neuer Politikertypus etabliert, dessen Beliebtheit bei den WählerInnen auch größere Verfehlungen nicht zu schmälern vermögen und der gleichzeitig einen zeitgenössisch-rassistischen Diskurs über MigrantInnen pflegt.32 Zum Charakteristikum dieses Typus gehört es auch, hin und wieder das Terrain des Diskurses zu verlassen und zur Tat zu schreiten.33

  Diese öffentlichkeitswirksamen Taten und Bonmots bezogen sich jedoch in den letzten Jahren eher auf Menschen, die vielfach gar keine MigrantInnen waren und oftmals die Staatsbürgerschaft eines europäischen Staates besaßen. Im Fokus der sich stetig in Bedrohungsszenarien überbietenden Debatte standen spätestens seit der Verlegung der südlichen EU-Außengrenzen auf den afrikanischen Kontinent Menschen muslimischen Glaubens, die in Europa leben – oftmals schon seit zwei Generationen.
  Doch vor einigen Jahren rückten die Bilder von den „zu allem entschlossenen‚ AfrikanerInnen für einige Zeit in den Vordergrund. Die Deutsche Welle berichtete: „Die Menschen kommen aus Ländern wie Nigeria, Kamerun oder Mali. Um den Zaun von Melilla zu erreichen, waren sie monatelang unterwegs. Sie mussten - teils als blinde Passagiere, teils in Fußmärschen - die Sahara, Algerien und Marokko durchqueren. Unmittelbar vor ihrem Ziel sind die Afrikaner in ihrer Verzweiflung zu allem entschlossen.‚ 34
  Seit dem medial begleiteten Überlebenskampf an den spanischen Exklaven Melilla und Ceuta 2005 bis 2007 und gelegentlichen Meldungen über Tote an den Küsten Europas, schien die Strategie der EU der Grenzverlagerung und des Frontex Überwachungs- und Abschreckungssystems aufzugehen. Doch was sich damals noch vor den Augen der EuropäerInnen abspielte, ist weiterhin die alltägliche Realität nördlich der Sahara und zunehmend selbst an den Grenzpunkten südlich der Sahara. Das wird nun seit wenigen Wochen – seit die Regierungen in Nordafrika ins Wanken geraten sind – wieder sichtbar.

Die Externalisierung der Außengrenzen der EU

  Der Grundstein für die Kriminalisierung der Migration und ihre Anpassung an Prinzipien der Wirtschaftlichkeit begann 1999 auf dem EU Gipfel in Tampere. 2002 bei dem EU Gipfeltref-fen in Sevilla wurde „die Bekämpfung der illegalen Zuwanderung zum vorrangigen Thema bei Verhandlungen mit den Anrainerstaaten der Union‚ erklärt. „Der alte Kontinent sah sich nicht mehr imstande, seine Grenzen zu überwachen, und begann systematisch – und unter Missachtung internationaler Abkommen – die daraus erwachsenden Probleme und Aufga-ben auf die Herkunfts- und Transitländer abzuwälzen,‛35 schreiben der Jurist Alain Morice und die stellvertretende Vorsitzende von Migreurop36, einer Dachorganisation von MigrantInnen und ProAsyl Assoziationen in 13 Ländern, Claire Rodier.

Mit dem Aufbau eines Grenzregimes für den Schengenraum multiplizierte sich die Zahl der bilateralen und multilateralen Abkommen, die die EU mit Schwellenländern und Ländern der Peripherie unterhält und in denen seit einer Sitzung des EU Rates 2002 jeweils eine Klausel zur Migration aufgenommen werden soll. Hier wurde der Grundstein für die Bin-dung von Handelspolitik und Entwicklungshilfe an eine Kooperation von Transit- und Emigrationsländern mit der EU Politik der (militarisierten) Abschottung gelegt. In diesem ver-schachtelten und fern von öffentlicher Kontrolle funktionierenden System externalisierter Grenzen weist die EU-Staaten – je nach ihrer Bedeutung für die Migrationsrouten nach Europa – eine Rolle in der Abschreckung und Abschiebung von MigrantInnen zu, mit dem Ziel diese nicht nach Europa und zunehmend auch nicht in die Nähe davon, gelangen zu lassen. Haben die MigrantInnen es aber schon bis zu den Außengrenzen der EU geschafft, bleibt noch die Möglichkeit, sie dort in so genannten Auffanglagern festzuhalten und sie von dort wieder abzuschieben.

Dieses Grenzregime wurde von der EU auf angrenzenden Kontinenten errichtet und dass dabei eine Zone der systematischen Menschrechtsverletzungen entstanden wird, wird bewusst zur Abschreckung von potentiellen MigrantInnen einkalkuliert. Als ausführende Organe treten allerdings in der Regel Polizei und Militär in den Emigrations- und Transitländern auf, wie auch im Fall von Libyen und der Ukraine: „Libyen und die Ukraine nehmen ihre Rolle als Pufferstaaten aber nicht nur dadurch wahr, dass sie Flüchtlingen und ImmigrantInnen den Weg in die EU verbauen und sie unter unwürdigen Bedingungen in Lagern festhalten. Diese fungieren auch als Ausgangspunkt für Abschiebungen in die mutmaßlichen Herkunftsstaaten. Im Falle Libyens geschieht dies häufig in groß angelegten willkürli-chen Operationen. So teilte Innenminister Nasser El-Mabruk Ende 2004 ohne weiteren Kommentar mit, dass ‚in den letzten Wochen‛ 40.000 Personen außer Landes geschafft worden seien. Vielfach bedeutet dies, dass die Polizei MigrantInnen, die sie zuvor bei Groß-razzien eingesammelt und über Monate in Lagern festgehalten hat, auf Lastwagen lädt und sie mitten in der Wüste an der Grenze zu Ägypten, Sudan, Tschad oder Niger absetzt. Zwi-schen 1998 und 2003 waren davon 14.500 Personen betroffen. Wie viele von ihnen über-lebt haben ist nicht bekannt.‚37

Eine in der Folge immer weiter ausdifferenziertes und in einer unüberschaubaren An-zahl an bilateralen Abkommen zwischen EU Ländern und afrikanischen Staaten geschaffe-nes Grenzregime ist mittlerweile entstanden. Ein System, in dem der Einsatz von Militär und so genannten Auffanglagern ohne rechtliche Absicherung und folglich auch ohne Überwa-chung von Menschenrechtsstandards kalkuliert zur Abschreckung genutzt wird. Ein mäanderndes System, das mittlerweile bis in zentralafrikanische Länder wie den Kongo wuchert und auch dort regelmäßig vor Krieg und Vergewaltigung flüchtenden Menschen in seine Bahnen lenkt. Ein System, in dem Verhandlungen über Hilfeleistungen und Zugeständnisse mit afrikanischen Staaten stets an ihre Kooperation bei der Errichtung und Aufrechterhal-tung und letztendlich Übernahme dieses Grenzregimes geknüpft werden. Ein System, aus dem keine AsylbewerberInnen mehr hervorgehen können.

Die direkt von der EU finanzierten Programme stehen in diesem System für eine vermeintlich menschenfreundlichere Politik. So finanzierte die EU das Zentrum für Information und Migrationsmanagement (CIGEM) in Bamako, in Mali – einem der wenigen wichtigen Transitländer Westafrikas, das bisher die Kooperation verweigert. Das offizielle Motto dieses Zentrums lautet: ‚Die legale Einwanderung nach Europa erleichtern, indem es die illegale Immigration eindämmt." Die Journalistin und Westafrikaexpertin Charlotte Wiedemann beschreibt, wie bei der Eröffnung im Oktober 2008 „das heitere Missverständnis‚ aufkam, „Brüssel eröffne ein Jobcenter in der Sahelzone."38

Die Assoziation der Abgeschobenen Malis (AME) sieht trotz der offiziellen Rhetorik das Zentrum als einen Baustein in dem Grenzregime:

    „Ursprünglich sollte CIGEM das erste 'Jobcenter' in Afrika sein. Dieser Titel wurde verworfen, aber selektive Inklusion bleibt weiterhin eine seiner wichtigsten Aufgaben. Dies wird 'immigration choisie' genannt – selektive Einwanderung, speziell ausgerichtet auf den europäischen Arbeitsmarkt und natürlich für den Niedriglohnsektor. Die AME warnt vor dem Phänomen der 'Kleenex ArbeiterInnen' - ArbeiterInnen, die nach verrichteter Arbeit wie ein Papiertaschentuch weggeworfen werden. Dies war die Erfahrung dieses Jahr in Marokko, wo einige tausend Frauen für die Erdbeerernte in Spanien rekrutiert wurden. Um eine befristete Arbeitsgenehmigung zu bekommen, mussten die Frauen bestimmte Kriterien er-füllen wie z.B. dass sie kleine Kinder haben, damit sicher gestellt werden konnte, dass sie in ihr Herkunftsland zurückkehren."39

Die Militarisierung der Außengrenzen: Frontex

2005 begann Frontex „mit einzelnen Pilotprojekten‚ die Militarisierung der zuvor externalisierten Grenzen. Hauptziel afrikanischer Migration ist jedoch – auch wenn die Rede in Europa von „Flüchtlingswellen‚ und „Flüchtlingsströmen‚ ist, die das „volle Boot‚ zu überfluten drohen – nach wie vor Afrika, bzw. Städte und größere Gemeinden im eigenen Land.40 Die Migrationsrouten verlaufen traditionell nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten, son-dern auch religiöse Motive spielten in der Geschichte Afrikas dabei eine wichtige Rolle. Durch die Kolonisierung des Kontinents durch Europa und die Fortsetzung einer Depen-denzpolitik sind ebenfalls Migrationsrouten auf dem Kontinent selbst (z.B. erzwungene Mig-ration zur Arbeit in auf den kolonialen Plantagen und in Minen) als auch nach Europa (z.B. als Soldaten im zweiten Weltkrieg auf Seiten der Französischen Armee oder als umworbene Arbeitskräfte nach dem zweiten Weltkrieg in den ehemaligen Kolonialmächten) vorgezeichnet, die sich aufgrund der mit ihnen entstandenen Strukturen weiter verfestigen.

Wegen des steilen durch die neoliberale Form der Globalisierung nach 1990 beschleunigten Anstiegs der Arbeitslosenrate in Europa und eines zunehmenden Rassismus (die genauen Zusammenhänge und Umstände in diesem Papier zu erläutern, würde leider den Rahmen sprengen) werden MigrantInnen zwar weiterhin in bestimmten Sektoren zur Arbeit herangezogen, aber auf legalem Weg kaum mehr als Arbeitskräfte angeworben. Durch die zwischenzeitliche Einführung der Visapflicht und der de facto-Abschaffung des Rechtes auf Asyl für AfrikanerInnen kommen auch auf diesem Weg kaum mehr Menschen aus Afrika nach Europa. Da diese Entwicklungen bisher wenig Widerstand seitens der EuropäerInnen hervorriefen, bzw. einer großen Gruppe nicht weit genug gehen, bedurfte die Militarisierung der Außengrenzen Europas mittels Frontex bisher auch keiner größeren Rechtfertigungen.

Im Mai 2005 liefen die ersten Projekte der „Europäischen Agentur für die operative Zu-sammenarbeit an den Außengrenzen‚ (Frontex) an. Bis 2009 führten dann die Programme zum Abfangen der Bootsflüchtlinge vor Europas Küsten zur Halbierung der über den See-weg nach Spanien gelangten MigrantInnen und Flüchtlinge. Wie vor einigen Tagen, als das postrevolutionäre Tunesien seine Abwehr gegen die Übernahme des Frontexsystems auf-gab und einen Tag später von mindestens 20 Toten bei einem bewusst herbei geführten Zusammenstoß eines Flüchtlingsbootes mit der tunesischen Küstenwache die Rede war41, so kamen 2005 nach der Einführung von Frontex in Marokko am Grenzzaun zu Melilla und Ceuta etliche Flüchtlinge und MigrantInnen ums Leben, weil die marokkanische Armee auf sie schoss und andere in der algerischen Wüste aussetzte.42

2008 wurde Marokko dann der „statut avancé‚ (fortgeschrittener Status) in Bezug auf sein Verhältnis zur EU zugesprochen. Trotz der Kooperationsbereitschaft der marokkanischen Regierung entspricht die Rolle, die das Land im Grenzsystem der EU spielt, noch nicht der vollen Zufriedenheit der EU-Staaten, denn in Marokko befinden sich viele tausend TransitmigrantInnen, die nach dem Willen der EU von dort zurück in ihre Herkunfts- bzw. vorherigen Transitländer abgeschoben werden sollen. Diese weigern sich bisher, die entsprechenden Abkommen mit Marokko zu unterzeichnen

In den letzten Jahren hat Frontex drei, u.a. nach griechischen Göttern benannte Programme, zum Abfangen der Flüchtlinge vor Europas Küsten aufgelegt: Operation Hera vor den Küsten Westafrikas, Operation Nautilus im Mittelmeer und Operation Poseidon in der Ägäis. AktivistInnen von NoBorder/ NoLager und Pro Asyl Netzwerken in Europa sehen in dem so genannten „Umdrehen‚ von Flüchtlingsbooten auf hoher See43, den häufigen Menschenrechtsverletzungen durch Grenzpolizei und Militär und den illegalen Abschiebungen und Festhalten in Lagern insgesamt den Zweck der Errichtung eines „Abschreckungsregimes‚.
Geplant ist außerdem der Einsatz von Satelliten und Drohnen und die Entwicklung neuartiger Überwachungsinstrumente bis 2013 um „die Entwicklung des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EuroSur) zwischen den Mitgliedsstaaten zu koordinieren und den Austausch der Überwachungsdaten an den östlichen und südlichen Grenzen bis zum Jahr 2013 sicherzustellen‚, wie es für Frontex für den Ausbau der Überwachung an „Land-grenzen und Flughäfen‚ im Stockholmer Programm festgelegt wurde, um Menschen, die mit einem Touristenvisum eingereist sind, überwachen zu können.

Frontex übernimmt zudem immer mehr die Abschiebung von Flüchtlingen und MigrantInnen. Die Anschaffung eigener Flugzeuge, die nur für Abschiebungen benutzt werden, ist geplant. Frontex übernimmt auch zunehmend die Rolle von nationalen Polizeieinheiten, etwa beim Verhör von MigrantInnen, um sie zum Zweck der Abschiebung zu identifizieren und mit Reisedokumenten zu versorgen. Auch als verdeckte Ermittler traten Frontex-Mitarbeiter bereits in Erscheinung, um Abschiebungen von Minderjährigen zu ermöglichen oder die Staatsangehörigkeit von MigrantInnen, die ohne Papiere nicht abgeschoben wer-den können, zu ermitteln. Sie gaben sich dabei als Journalisten, Menschenrechtler oder Dolmetscher aus.

Die Migrationsmanager in Afrika

Charlotte Wiedeman schreibt: „Die Zukunft europäischer Flüchtlingspolitik im Mittelmeer-raum ist fern der Kamerapulks zu besichtigen. Der arabische Norden Afrikas soll uns die Schwarzafrikaner vom Hals halten; Mauretanien, Marokko, Tunesien, Algerien, Libyen wer-den Europas Cordon sanitaire (Sicherheitsgürtel). Eine soziale Hierarchisierung nach einem altbekannten Farbmuster."44

Wie viele Flüchtlingen und MigrantInnen uns auf der Karawane für Bewegungsfreiheit und Entwicklung berichteten, so ist der Rassismus gegen AfrikanerInnen aus Zentralafrika in den Ländern Nordafrikas zur Legitimation für systematische Menschenrechtsverletzun-gen und die Ausbeutung von Flüchtlingen und MigrantInnen geworden. In Mauretanien und vor allem in Libyen sind etliche so genannte Auffanglager mit EU-Geldern (im Falle Mauretanien auch mit Entwicklungshilfegeldern) eingerichtet worden. Sie befinden sich vor allem dort, wo die Weiterreise nach Europa auf dem Landweg nicht mehr bewerkstelligt werden kann, an den Rändern der durch Frontex-Einheiten kontrollierten Zone.

Libyen hat in dem neuen externalisierten Grenzregime Europas eine Schlüsselstellung inne. In diesen Tagen, in denen offensichtlich wird, wie sehr die Regierung Gaddafi das Land gegenüber der Öffentlichkeit abgeriegelt hat, gewinnen auch die Berichte über liby-sche Auffanglager, bzw. Gefängnisse, in die eine große Zahl von MigrantInnen auf ihrem Weg von Zentralafrika und Westafrika nach Europa landet, an Dringlichkeit. Es sickern auch immer mehr Nachrichten durch, dass die Regierung Gaddafi tausende Migranten, die auf ihrem Weg zwangsläufig durch Libyen müssen, zum Dienst als Söldner nötige und sie nun als letztes Aufgebot einsetze.45 Gleichzeitig sind sie die ersten Opfer von Lynchmorden durch die libysche Bevölkerung in ihrem Hass auf die alte Regierung geworden.

Bis heute gibt es nur einen Dokumentarfilm „Come un uomo sullo terra‚ über die Reali-tät in den so genannten Auffanglagern in Libyen, dem nordafrikanischen Land, wo sich fünf Migrationsrouten treffen. Gefragt nach seinen Erfahrungen, antwortet der Filmemacher Dagmawi Ymer, der einst selbst als eritreischer Flüchtling in Libyen inhaftiert war:

  "It was terribly inhumane. At Kufrah there were twenty people packed into a cell with only one toilet in the middle of the floor. There was a constant foul odour and we were repeatedly beaten by the guards. You could hear the screams from the beatings and the rapes. The women experienced the most suffering. They were repeatedly raped and if they wanted an abortion they were not allowed. Some were 'bought' by strangers and it was not uncommon for some to marry in order to escape that hell."46

2003 schloss die Berlusconi Regierung das erste Abkommen mit Libyen über die „Eindämmung der Einwanderung‚. Die Verbindung zwischen dem italienischen Premier Berlusconi und dem libyschen Machtbaber Gaddafi war in der Folge auch wirtschaftlich einträglich, nicht nur für die Staaten, sondern auch für die beiden Staatsherren persönlich.47

Aufgrund der zunehmenden und oftmals grenzüberschreitenden Überwachung des libyschen Seeraums ist Zahl der Flüchtlinge auf dem Meer von 35.000 auf 4000 gesunken, wie viele davon in den Lagern in Libyen festsitzen und wie viele auf dem Landweg noch dazu kommen, weiß niemand. Die Flüchtlinge, die über den Landweg einreisen, können nach Schließung der Abkommen des Landes mit der EU, das nur illegal tun. Es haben sich daher mafiöse Strukturen gebildet, die die staatlich anerkannten und durch die EU abgesegneten Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen zu Geld machen.48

Während einerseits die EU die Externalisierung und völkerrechtswidrige private Kontrolle ihrer Außengrenzen betreibt, versuchen einzelne EU-Länder wie Italien und Frankreich durch bilaterale Verträge Flüchtlinge und MigrantInnen speziell am Erreichen ihres Landes zu hindern, bzw. die Abschiebung von Flüchtlingen und MigrantInnen zu erleichtern über so genannte „Einwanderungsvereinbarungen‚. Frankreich unterhält bereits mit dem vorrevolutionären Tunesien, Senegal, Gabun, Benin und der Demokratischen Republik Kongo bilaterale Verträge. Mali verweigert bis heute die Unterschrift; es erschien dem amtierenden Prä-sidenten bisher als zu unpopulär, da in Westafrika die Bewegungsfreiheit eine besonders lange und hoch geschätzte Tradition hat.49

Das Rote Kreuz in Mali50, das pro Woche ca. 150 aus Algerien Abgeschobene am Grenzort Tessalit aufnimmt und von dort in nächste Stadt Gao bringt, ist eine der wenigen Organisationen, die einen Einblick in die Praxis der innerafrikanischen Abschiebungen hat. Ein mit der Karawane für Bewegungsfreiheit und Entwicklung reisender Journalist schreibt:

  „Zentral sind zunächst Frauen, Kinder, Kranke. Sie könnten wesentlich mehr aufnehmen, aber ihre Kapazitäten geben nicht mehr her, so sagen sie. Häufig kommen mehrere algerische Polizeibusse, die die Abgeschobenen aussetzen. Es gibt keinerlei Zusammenarbeit mit ihnen, keinerlei Informationen. Einer der Männer bei der ARACEM berichtete uns davon, dass sie mit mehr als 600 Menschen in der Wüste ausgesetzt wurden."51

Die Assoziation der Zurückgeschobenen aus Zentralafrika in Mali (Association des Refoulés d'Afrique Centrale au Mali/ ARACEM), die durch Überlebende vom Grenzzaun bei Melilla/Ceuta gegründet wurde, sieht vor allem die psychische Traumatisierung der Überlebenden als großes Problem.

Dabei sind die aus Libyen abgeschobenen MigrantInnen in einem besonders schlechten Zustand. In einer Presseerklärung der Assoziation Abgeschobenen Malis (Association Malienne des Expulses/ AME) vom Mai letzten Jahres ist zu lesen:

  „Die AME konnte in ihren Räumlichkeiten in Bamako 21 abgeschobene Malier aufnehmen. Alle anderen Personen haben sich aufgrund der fehlenden Aufnahmestrukturen zerstreut. Nach Angaben der Abgeschobenen wurden sie in ihren Unterkünften, auf der Straße oder an ihrem Arbeitsplatz unter Einsatz von Waffengewalt festgenommen. Die entkräfteten Menschen stehen unter Schock und leiden an verschiedenen Krankheiten. Alle Befragten haben von ihren Erkrankungen durch die schrecklichen Bedingungen in den libyschen Gefängnissen berichtet. Die Mehrheit war zwischen vier und sechs Monaten inhaf-tiert - ohne juristisches Verfahren und ohne jede Betreuung. Den ZeugInnenaussagen zu folge sind Hunderte Malier weiterhin inhaftiert in den Gefängnissen Benghazi, Barack und de Saaba und dies seit mehreren Monaten. Ungefähr 600 Frauen aus verschiedenen afrika-nischen Staaten, unter ihnen Malierinnen, sind weiterhin im Gefängnis Saaba inhaftiert. Sie werden entwürdigend behandelt und sie sind Opfer physischer und sexueller Gewalt. Oft-mals werden sie mit ihren Kindern inhaftiert."52

Momentan versucht die AME den ca. 10 bis 15 tausend MalierInnen, die sich derzeit in Libyen noch befinden, bei der Ausreise zu helfen. Erst 134 MalierInnen konnten in der letz-ten Woche ausreisen, sie berichten, dass sich ZentralafrikanerInnen momentan verstecken müssen, um nicht Opfer von Lynchmorden zu werden.

KAPITEL 3: ZIVILGESELLSCHAFTLICHER WIDERSTAND

„A la suite de cette présentation, Ricardo Gimenez, militant latino-américain et porteur du projet de Charte sur ce continent là, expliquera que la crise migratoire a une cause historique : les lois, normes et critères de migration sont hérités du siècle passé et sont aujourd’hui caduques et obsolètes.

Celui-ci fera ensuite le parallèle avec l’esclavage, qui fut légal pendant des siècles et dont la lutte pour l’abolition fut longue mais victorieuse. L'humanité va devoir inéluctablement se diriger vers une solution de citoyenneté universelle, dira-t-il. Une nouvelle citoyenneté qui devra nécessairement être accompagnée d’une nouvelle distribution des richesses."53

Aus einem Vortrag anlässlich der Verabschiedung der 'Charta für eine Welt ohne Mauern' auf der Insel Gorée am 6.2.2011

Die Karawane für Bewegungsfreiheit und gerechte Entwicklung

Die hoffnungsvollen Momente afrikanischer Staatsgeschichte in den letzten 50 Jahren waren oft nicht von langer Dauer, aber die sozialen Bewegungen des Kontinents haben sich als ausdauernd und einflussreich erwiesen. Gleichzeitig irritierte viele TeilnehmerInnen der Karawane und des Weltsozialforums die Fragmentierung der politischen Landschaft, bzw. sozialer Bewegungen - oftmals erzwungen durch die Erfordernisse des physischen Überlebens in vielen afrikanischen Staaten. Wer aufgrund der Umbruchsituation in Nordafrika, die sich gerade abzeichnete, dachte, dass nun ein Transformationsprozess wie zu Anfang der Dekade des Weltsozialforumsprozesses in Lateinamerika in Gang kommt, die/der musste sich noch eingehender mit der politischen Landschaft Afrikas und der aktuellen und historischen zivilgesellschaftlichen Kräfte befassen.

Trotzdem war die Hoffnung auf einen politischen Prozess der Demokratisierung und eine gerechte Entwicklung – ausgelöst durch die Aufstände in Nordafrika - überall präsent und befeuerte nächtliche Debatten in den Bussen. Gleichzeitig waren wir stolz in diesem Moment eine aktiven Beitrag zur Transnationalisierung des Netzwerkes für Bewegungsfreiheit und für eine Welt ohne Mauern leisten zu können und dabei zu sein, wenn aus der Idee eines illegalisierten Afrikaners in Frankreich innerhalb weniger Jahre eine weltweite Kampagne wird.

Das transnationale Netzwerk Afrique-Europe-Interact54 nahm die Lancierung der Charta und das WSF 2011 zum Anlass, sich offiziell zu formieren und eine gemeinsame Karawane der afrikanischen und europäischen Gruppen zum WSF 2011 zu organisieren. Taktgeber waren mehrere Gruppen in Mali, in denen sich Abgeschobene und RückkehrerInnen aus Europa und afrikanischen Ländern organisiert haben und die neben praktischer Unterstüt-zung für Betroffene Aufklärungsarbeit betreiben und für das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Freiheit zu bleiben (bei einer gerechten Entwicklung), sowie die Rechte von MigrantInnen in Afrika und Europa kämpfen.

Tragende Kraft der Karawane war die AME.55 Die AME ist eine Basisorganisation, die vornehmlich auf drei Feldern aktiv ist: Erstens in der sozialen, rechtlichen und medizinischen Unterstützung von Abgeschobenen – nicht zuletzt im Hinblick auf den Prozess der Reinteg-ration; zweitens in der politischen Arbeit gegen das EU-Migrationsregime; und drittens im Aufbau selbst bestimmter Entwicklungsperspektiven für Mali, etwa im Bereich ökologische Landwirtschaft. Die AME greift in die westafrikanische Debatte über Migration mit dem Ziel ein, eine „Demystifizierung der Migration‚ zu bewirken. Während sie einerseits daran arbei-tet, ein realistisches Bild der Migration zu zeichnen, geht es ihr andererseits auch darum die Bewegungsfreiheit auch für Menschen außerhalb des Schengenraums zu fordern. Die AME entwickelt ferner Möglichkeiten der selbst bestimmten Entwicklung, wie zum Beispiel in der ökologischen Landwirtschaft, in der Abgeschobene Arbeit finden.

Diese emanzipativen Ansätze der AME, die insgesamt zu einer Stärkung der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen geführt haben, weiten sich gerade aus; die Organisation ist mittlerweile Teil eines westafrikanischen Netzwerkes, das in Mali sein Zentrum hat. AktivistInnen und zum Teil eigene Organisationen gibt es inzwischen in Guinea, Senegal, Marokko, Mauretanien und Niger.

Die zweitgrößte Gruppe aus Mali waren AktivistInnen der ARACEM56, die Patrice und Romeo Zinahad aus Kamerun 2007 gegründet haben. Die beiden Brüder kampierten 2006 zusammen am Grenzzaun von Melilla und Ceuta, von wo aus sie weiter nach Europa wollten. Sie überlebten und kamen nach ihrer Abschiebung in Bamako an, wo sie eine Weile gezwungen waren, als Obdachlose zu leben und in der Folge gemeinsam – unter sehr schwierigen Bedingungen – in Bamako eine Organisation zur Unterstützung von Abgeschobenen gründeten. Im Haus der ARACEM können Abgeschobene für die ersten Tage unter-kommen57 und werden mit dem Nötigsten versorgt. Die Einrichtung der ARACEM reicht bei Weitem nicht zur Versorgung der stetig steigenden Zahl Abgeschobener, die aus Nordafrika in Länder wie Mali, die bisher keine Abschiebungsvereinbarungen getroffen haben, zurück geschoben werden.

Drittens waren verschiedene malische Assoziationen von Rückkehrerinnen beteiligt, die in der Vereinigung der Assoziationen von MigrantInnen (Fédération des Associations de Migrants/ FAM) organisiert sind. Während in den anderen Organisationen vor allem Männer organisiert waren, haben sich hier vor allem Witwen, die allein ihre Kinder versorgen müs-sen, zusammen geschlossen. Viele von ihnen haben die meiste Lebenszeit in der Elfenbein-küste verbracht und hatten kaum mehr Verbindungen nach Mali.

Von europäischer Seite aus nahmen AktivistInnen unterschiedlicher antirassistischer Gruppen und selbst organisierter Flüchtlingsorganisationen teil – unter anderem von No Lager Bremen, der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, The Voice Refugee Forum, der Oury Jalloh-Initiative, der Brandenburger Flüchtlingsinitiative, kein mensch ist illegal Hanau, vom Antirassistischen Plenum Blankenburg-Oldenburg und vom Flüchtlingsrat Hamburg. Die Mehrheit der bislang Beteiligten kennt sich aus den mehrfach von Pro Asyl unterstützten Aktionen des NoLager-Netzwerks.58 Schwerpunkt der bisherigen Aktivitäten war die Situation von Flüchtlingen und Langzeitgeduldeten in Deutschland und somit der Kampf gegen unterschiedliche Formen des sozialen und rechtlichen Ausschlusses wie etwa Abschiebungen, Lagerunterbringung, Residenzpflicht oder Gutscheinversorgung.

Zusammen gründeten die Gruppen aus Mali und Europa im Vorfeld der Karawane das Afrique-Europe-Netzwerk, an dem zwei weitere Akteure beteiligt sind: Das Europäische BürgerInnenforum Wien (das unter anderem in der Unterstützung für die andalusischen LandarbeiterInnengewerkschaft SOC aktiv ist)59 und die antirassistische Organisation all included60 aus Amsterdam.
Neben dem Afrique-Euro-Netzwerk sind auch Gruppen bzw. Netzwerke aus Frankreich sowie verschiedenen westafrikanischen Ländern an der Vorbereitung der Bamako-Dakar-Karawane beteiligt – unter anderem die Sans Papiers, Europas größte und bekannteste Mig-rantInnen(selbst)organisation, Brücken statt Mauern (Des Ponts Pas Des Mures)61, Comité pour l´Annulation de la Dette du Tiers Monde (CADTM), Manifeste Euro-Africain, Migreurop, NoVox International, attac Togo und GRAMI-AC.62

Ziel der Karawane war es, Aufmerksamkeit für die Situation von MigrantInnen und de-nen die bleiben und in oftmals schwierigen Verhältnissen zu überleben versuchen, zu errei-chen. Bei allen Versammlungen, Demonstrationen und Diskussionsrunden auf den Statio-nen der Karawane wurde versucht, das Motto der Karawane für Bewegungsfreiheit und gerechte Entwicklung zusammen zu denken und zu gestalten.

Entsprechend waren auch die unterschiedlichen Stationen auf der Karawane geplant. In Bamako fand auf Betreiben der Sans Papiers eine Demonstration zur französischen Bot-schaft statt, bei der es zum Einsatz von Tränengas durch die Polizei kam und die Atmosphä-re insgesamt relativ bedrohlich war – zwei Wochen zuvor hatte ein Mann einen Spreng-stoffanschlag auf die Botschaft verübt, zu dem sich anschließend Al-Qaida Maghreb bekannte.

Die erste Etappe führte die Karawane – im ersten Teil aus terminlichen Gründen ohne die Busse aus Kamerun, Togo, Burkina Faso und Guinea (die vor allem von No Vox Interna-tional und attac Togo geplant worden waren) nach Nioro du Sahel, in die Nähe der mauretanischen Grenze. Die Region ist sehr arm und seit den Dürren der 1970er und 1980er Jahre und auch in letzter Zeit, sind viele gezwungen zu migrieren, um den Unterhalt der Familien zu sichern. Die Gegend ist auch bekannt als „rote Zone‚, da in den letzten Jahren Al-Qaida Maghreb dort aktiv ist. Seit Mauretanien Abkommen mit Spanien und der EU insgesamt unterzeichnet, Abschiebelager eingerichtet hat und Frontex vor den Küsten Mauretaniens operiert sowie Grenzübergänge kontrolliert, wird der Weg durch Mauretanien von weit we-niger MigrantInnen benutzt als zuvor.

In Nioro fand ein Frauenplenum mit Frauen aus der Stadt statt und eine Filmvorführung. Die Hauptaktivität der Karawane dort war ein Trauermarsch, bei dem der vielen Toten an dieser Grenze und den anderen Grenzen innerhalb Afrikas und auf dem Meer gedacht wurde. Danach wurde im Stadtzentrum ein Empfang gegeben. Nach den Reden der VertreterInnen der verschiedenen Gruppen, war das Mikrophon für alle offen. Eine alte Frau nutzte die Gegelegenheit, um die KarawanenteilnehmerInnen zu bitten, ihren Sohn zu finden, der seit 25 Jahren auf dem Weg nach Europa verschollen ist.
Am nächsten Tag findet eine Demonstration am mauretanisch/malischen Grenzposten statt. Wieder in Bamako, finden kulturelle Aktivitäten und unsere regelmäßigen (und oft auch kontroversen) Versammlungen auf einem Platz in dem Viertel Djelibougou statt, wo die AME ihr Büro hat und seit einiger Zeit auch ein Restaurant betreibt.

Als die Karawane aus Kamerun, Togo und Burkina Faso – an die sich auch ein Bus aus Tunesien angeschlossen hat mit durch die revolutionären Ereignisse dort hoch motivierten und als Sprecher sehr gefragten Aktivisten – in Bamako ankommt, findet eine Versammlung im Zentrum statt, die nicht sehr große Zahl von AktivistInnen, die mit dem nicht-öffentlichen Charakter der Versammlung unzufrieden ist, demonstriert vor der Niederlassung der EU in Bamako.

Die nun aus zehn Reisebussen bestehende Karawane bricht von Bamako nach Kayes, auf, dem ehemaligen Verwaltungssitz Malis unter Kolonialherrschaft, seit Jahrzehnten ein Ort der Emigration. In Kayes haben viele Assoziationen von EmigrantInnen mit ihren Rück-überweisungen zum Aufbau der Infrastruktur der Stadt erheblich beigetragen. Hier ist das Thema Migration allgegenwärtig; wir treffen MigrantInnen, die sich eine Existenz an der Elfenbeinküste aufgebaut hatten und sich durch die politische Situation dort zur Rückkehr gezwungen sahen und jetzt schon mehrmals den Versuch unternommen haben, nach Europa zu gelangen.

Die nächste Station ist Tambacounda hinter der senegalesischen Grenze, in einer Gegend, in der seit Jahrzehnten wertvolle Metalle abgebaut werden. Die Menschenrechtsverletzungen, insbesondere die sexuelle Ausbeutung von Kindern in Minengebieten, die horrende Umweltverschmutzung und die schlechten Arbeitsbedingungen und die Repression sind die Hauptthemen in einer Versammlung mit lokalen Gruppen und Gewerkschaften. Über diese Versammlung und die folgenden – sowie insbesondere das Weltsozialforum – wird ausführlich in den senegalesischen Medien berichtet.

Die nächste und letzte Station vor Dakar ist Kaolack, wo eine Konferenz zu feministischen Kämpfen stattfindet, an der wir leider nicht teilnehmen konnten, da wir noch der Ver-abschiedung der „Charta für eine Welt ohne Mauern‚ beiwohnen wollten.

Die Charta für globale Bewegungsfreiheit

Das Weltsozialforum 2011 in Dakar, im Senegal, stand im Zeichen des Menschenrechts auf Bewegungsfreiheit. Zwei Tage vor dem Beginn des Forums trafen sich auf der Insel Gorée – einer vor Dakar gelegenen Insel, von der aus versklavte AfrikanerInnen von verschiedenen Kolonialmächten verschifft wurden63 - VertreterInnen von Initiativen und Bewegungen für Bewegungsfreiheit aus aller Welt, um eine „Charta für eine Welt ohne Mauern‚ zu verfassen. Die InitiatorInnen der Charta haben diesen Ort bewusst gewählt, um von hier aus die Charta in die Welt zu schicken und für die Übernahme auf sämtlichen lokalen, nationalen und internationalen Ebenen zu werben. Sie schreiben:

  „Auf der Insel Gorée geht es um eine 'Rückkehr zur Menschlichkeit / Menschheit'. Gorée ist ein symbolischer Ort und beladen von Geschichte. Dieser Ort, wo man Personen jede Menschlichkeit genommen hat, indem man sie in Ketten legte und in die Laderäume von Schiffen einsperrte, um sie als Sklaven nach Amerika oder woanders hin zu schicken, scheint der am besten geeignete Ort zu sein für eine Rückkehr zur geraubten Menschlich-keit. Das Ziel des Treffens ist deshalb, MigrantInnen aus der ganzen Welt zu versammeln, unter denen sehr wahrscheinlich Nachkommen von Sklaven, aber auch Nachkommen von Sklavenhaltern sind, damit sie zwei Tage lang zusammen arbeiten."64

Das Projekt der Charta geht auf die Idee eines Aktivisten der Sans Papiers aus Marseille zurück und entstand während 120 Familien dort 2006 für Papiere kämpften. Der Entwurf einer Charta wurde in der Folge auf verschiedenen internationalen Versammlungen vorgestellt und diskutiert, 2006 auf dem zweiten Weltsozialforum zu Migration in Rivas (Spanien) und 2007 auf dem ersten WeltmigrantInnengipfel für lateinamerikanische MigrantInnen in Morelia (Mexiko). In den folgenden Jahren wurde der Entwurf mit Vorschlägen aus Afrika, Asien und Lateinamerika abgestimmt und eine internationale Koordinationsgruppe für die Charta entstand. Diese Koordinationsgruppe wurde durch die mittlerweile entstandenen vier kontinentalen Koordinationen (in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika) gestützt. Aus den vier Vorschlägen wurde dann von der internationalen Koordinationsgruppe eine Synthese erarbeitet, die ab September 2010 in allen lokalen Versammlungen zirkulierte, um die Ab-schlussdiskussion auf Gorée vorzubereiten.65

Nach ihrer Verabschiedung ist die Verbreitung der Charta geplant. Sie soll als Grundlage der Diskussionen über die Rechte von MigrantInnen und als Gesetzesvorlage auf verschiedenen Ebenen eingesetzt werden. Möglichkeiten der Umsetzung gibt es viele; Ecuador ist bislang das einzige Land der Welt, das in seiner Verfassung MigrantInnnen, Flüchtlingen und Vertriebenen besondere Rechte einräumt.

Der Weltsozialforumsprozess in Afrika im Zeichen der Migration

Das Weltsozialforum 2011 in Dakar, Senegal, war bisher das dritte afrikanische Weltsozial-forum nach dem polyzentrischen Forum 2006, das unter anderem in Bamako (Mali) statt-fand und dem Weltsozialforum 2007 in Nairobi (Kenia). Auf dem polyzentrischen Forum in Bamako wurde erstmals das Thema Migration durch die abgeschobenen Überlebenden von Ceuta und Melilla auf die Agenda des Forums gesetzt. Auf dem Forum wurde dann ein „Aufruf für den Respekt und die Würde der MigrantInnen‚ lanciert.66 Eines der Ziele des Aufrufes, Bewegungsfreiheit zu einem zentralen Thema auf dem WSF 2007 in Nairobi zu machen, konnte nicht vollständig umgesetzt werden, da das Forum in Kenia insgesamt durch ein sehr weites Entgegenkommen gegenüber der kenianischen Regierung geprägt war und darüber hinaus die Auseinandersetzung um die Präsenz von Nichtregierungsorganisationen im Verhältnis zu sozialen Bewegungen (letztere waren 2007 gegenüber ersten eher unterrepräsentiert) befeuerte.

Das Organisationskomitee des Weltsozialforums in Dakar im Senegal hatte sich zum Ziel gesetzt, die Fehler von Nairobi nicht zu wiederholen und die Präsenz von sozialen Bewegungen zu fördern (was auch vergleichsweise gut gelang).

In den Jahren zwischen dem polyzentrischen Forum und dem WSF 2011 haben migrationspolitische Gruppen sich weiter vernetzt. Drei Monate vor dem Weltsozialforum fand das vierte Weltsozialforum zu Migration in Ecuador statt. Der Fokus hier war auf die Migran-tInnen in und aus Amerika gerichtet. Im Juli 2010 hatte sich in Bamako das pan-afrikanische Netzwerk zu Migration gegründet. Auf dem Weltsozialforum in Dakar wird dieser Prozess der Konvergenz – der währenddessen auch in Asien und anderen Teilen der Welt vorangeschritten ist – offenbar. Mit der Lancierung der „Charta für eine Welt ohne Mauern" hat sich die Transnationalisierung des Netzwerkes konsolidiert.

Andrea Plöger, Ethnologin und Video-Aktivistin, lebt in Berlin. www.timecode-ev.org.

Die Autorin dankt der der Rosa Luxemburg Stiftung Brüssel, die ihre Teilnahme an der Karawane für Bewegungsfreiheit und Entwicklung ermöglichte.

Anmerkungen

1 Oft werden diese Kriege und Konflikte als „ethnische Konflikte‚ dargestellt und eine Berücksichtigung der willkürlichen Grenzziehungen, die sich nicht an den Gegebenheiten und Bedürfnissen der AfrikanerInnen, sondern an denen der Kolonialherren orientierte, unterbleibt.

2 „Ein weiterer wichtiger Einschnitt erfolgte durch die Festlegung kolonialer Grenzziehungen bei der Berliner Kon-gokonferenz 1884/85. Damit zeichneten sich neue Formen transnationaler Arbeitmigration ab, die mit einer Monetarisierung der Wirtschaft und der Einführung von Steuern und Abgaben (im frankophonen Kolonialreich mit mehr Gewalteinsatz durchgesetzt als im anglophonen) einhergingen. Vielfach kann dabei zwischen mit Motiv der Flucht vor Zwangsabgaben, Repression und Gewalt und der Suche nach Möglichkeiten der Lohnarbeit nicht mehr klar getrennt werden. Schon während der Ära des Sklavenhandels waren einige Regionen Malis systematisch als Ressourcen für menschliche Arbeitskraft ausgebeutet worden. Seit der Etablierung kolonialer Wirtschaftsformen hat sich Mali als Arbeitskräftereservoir für die Nachbarländer (insbesondere Elfenbeinküste, Senegal, Ghana) entwickelt. Die dabei entstandenen Migrationsformen und -motive sind bis heute wirksam. In: Dr. Sieveking, Nadine und Fauser, Margrit 2009. Migrationsdynamiken und Entwicklung in Westafrika: Untersuchungen zur entwicklungspolitischen Bedeutung von Migration in und aus Ghana und Mali. Bericht für das Bundesministerium für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. migration_westafrika_workingpaper_68_sieveking+fauser_1.pdf - 1 MB Zugriff: 14.2.2011, S. 83.

3 Schmid, Bernard Von Massenmördern und ungeliebten Statuen. Dossier zum 50. Jahrestag der Dekolonisation. Auszug aus dem Buch: „Frankreich in Afrika. Eine Neokolonialmacht in der Europäischen Union zu Anfang des 21. Jahrhunderts‚, das gerade im Unrast Verlag verlegt wird.

4 Schmid, Bernard: Von Massenmördern und ungeliebten Statuen. Dossier zum 50. Jahrestag der Dekolonisation. Auszug aus dem Buch: „Frankreich in Afrika. Eine Neokolonialmacht in der Europäischen Union zu Anfang des 21. Jahrhunderts‚, das gerade im Unrast Verlag verlegt wird.

5 Eine ähnliche Funktion wie Salvaldor Allende für Südamerika hat der ehemalige Präsident Thomas Sankara, der fünfte Präsident von Burkina Faso, der 1987 nach vierjähriger Amtszeit ermordet wurde und der in dieser kurzen Zeit durch seine Reformen zum Hoffnungsträger Afrikas wurde. Vgl.: Ziegler, Jean 1987: ‚Burkina Faso, eine neue Hoffnung für Afrika‚.

6 „Der Lissabon Vertrag hat in der EU die Kompetenz für Auslandsdirektinvestitionen von den 27 Mitgliedsstaaten auf die Ebene der Europäischen Union verlagert. Die Europäische Kommission, der Rat und das Europäische Parlament diskutieren gegenwärtig den Inhalt und die Richtung der zukünftigen EU-Investitionspolitik. Quelle: Knottnerus, Roeline 2011, Arbeitsgruppe Investitionen des Seattle to Brussels Network/ www.s2bnetwork.org Zugriff: 22.2.2011.

7 „Je mehr ein Mitgliedsland einzahlt, desto mehr kann es in Notzeiten ausleihen. Drittens sind die Quoten entscheidend für das Stimmrecht der Länder. Die Vereinigten Staaten, mit der weltweit größten Volkswirtschaft, leisten sich mit rund 18 Prozent der Gesamtquoten (etwa 35 Mrd $) den größten Beitrag zum Fonds [...]. Die Gründer-staaten kamen 1944 zu dem Schluß, daß der Fonds am wirksamsten funktionieren könnte und die Beschlüsse mit dem größten Verantwortungsbewusstsein getroffen würden, wenn das Stimmrecht der Mitglieder direkt an den Geldbetrag gekoppelt wäre, den sie durch ihre Quoten an die Organisation zahlen.‚ Driscoll, David D. 1998. Was ist der Internationale Währungsfonds?, S.5ff http://www.imf.org/external/deu/index.htm Zugriff: 21.1.2011

8 Ebd., S.22

9 Der vormalige Weltbankpräsident Paul Wolfowitz gab zu: "The Bank tended to get out of infrastructure in the 1990s. The development community endorsed a lot of white elephants in the 1970s which were a magnet for corruption but that doesn't mean that you don't need infrastructure. Zitiert nach: http://www.internationalrivers.org/en/africa/big-dams-bringing-poverty-not-power-africa Zugriff: 22.2.2011

10 The Merowe Dam in Northern Sudan is one of the world’s most destructive hydropower projects. Built on the Nile’s fourth cataract between 2003 and 2009, the dam created a reservoir with a length of 174 kilometers. With a capacity of 1,250 megawatts, the project doubled Sudan’s electricity generation. It also displaced more than 50,000 people from the fertile Nile Valley to arid desert locations. Thousands of people who refused to leave their homes were flushed out by the rising waters of the reservoir. http://www.internationalrivers.org/africa/merowe-dam-sudan Zugriff: 21.2.2011

11 Grand Inga, the world’s largest hydropower scheme, is proposed for the Congo River in the Democratic Republic of Congo (DRC), one of Africa’s most politically volatile and corruption-plagued countries. The massive dam is part of a greater vision by the international economic community to develop a power grid across Africa that will spur the continent's industrial economic development. But with a price tag of US$80 billion, concerns are growing that foreign companies will gain vast economic benefits from this mega-project, taking attention away from the deve-lopment needs of Africa’s poor majority. http://www.internationalrivers.org/en/africa/grand-inga-dam Zugriff: 21.2.2011

12 http://www.eca-watch.org/eca/ecas_explained.html Zu diesen förderungswürdigen Projekten zählt für die Mehr-heit der Exportkreditagenturen auch der Export von Waffen (-systemen).

13 Auf der Seite des Bundesumweltamtes findet sich der aufschlussreiche PPT Vortrag von Dr. D. Fouuqet zur För-derung nuklearer und fossiler Energien: „Schädliche Förderungen – Verlorene Zeit und Mittel‚, der das System dieser Förderungen aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet.

14 Im Niger und Mali und auch im Grenzgebiet Mali und Senegal werden gerade neue Uranminen von Konzernen aus den OECD Ländern und oftmals unter Bewachung durch ausländisches Militär, eingerichtet.

15 AREVA established itself in Niger 40 years ago, and has remained its faithful partner even during the bad times.‚ http://www.areva.com/EN/operations-592/a-lasting-partnership-with-niger.html

16 „Almoustapha Alhacen, Präsident der lokalen Nichtregierungsorganisation Aghir in Man bilanziert das ganze so: Anhaltende Umweltzerstörung! Wassermangel, weil der Grundwasserstand sich derzeit bei 70 Prozent befindet. Da die Reservoire 100 Millionen Jahre brauchen, um sich wieder zu füllen, kann man sagen, dass sie sich nicht wieder füllen werden. Entsprechend sind die Tiere verschwunden. Die Pflanzen sind verschwunden. Es ist eine Wüste, aber es gibt Bäume…deren Wurzeln können nicht weiter als 60 Meter in die Tiefe wachsen. Wie auch immer, der Grundwasserspiegel liegt jetzt 300 Meter tief: die Bäume können ihn nicht erreichen. Unsere Erbschaft ist anhaltende Umweltzerstörung.‚ Alles in: Izindaba 2010: Unser Erbe ist anhaltende Umweltzerstörung. Die ökologische Katastrophe des Uranabbaus im Niger Quelle: http://izindaba.info/37.0.html. Zugriff: 22.2.2011

17 Ursprünglich hatte AREVA dort Uran-, Kupfer- und Bauxitvorkommen ausbeuten wollen. Mittlerweile hat die kanadische Firma Delta Explorations, die bereits einige Goldminen in Mali betreibt, die Verträge übernommen.

18 Many Camara, Professor für Soziologie in Bamako und Nouhoum Keita, Journalist bei Radio Kayira kommen aus Falea und beschlossen sich für ihr Heimatdorf einzusetzen.

19 Quelle: Lämmler, Hannes 2010: MALI: Das Falea-Projekt. Archipelausgabe 176 (11/2009). http://www.forumcivique.org/de/artikel/mali-das-falea-projekt Zugriff: 22.2.2011

20 Für weitere Informationen siehe: http://www.falea21.org

21 Höring, Uwe 2010: Landnahme - die neue Bedrohung für Ernährungssouveränität. Hintergründe und Ursachen des neuen Wettlaufs um Land. In: INKOTA-Dossier 7, Juni 2010http://www.inkota.de/material/inkota-dossier/dossier-7/uwe-hoering/ Zugriff: 22.2.2011

22Quelle: La Via Campesina http://viacampesina.org/en/index.php?option=com_content&view=article&id=785:libyan-land-grab-of-malis-rice-producing-land&catid=23:agrarian-reform&Itemid=36 Zugriff: 17.2.2011

23 http://graphique-industrie.afrikm.com/tomota-group-graphique-industrie.html

24 Munié, Vincent 2007. Mord am Dakar-Niger-Express. Folgen einer Privatisierung im Senegal. In: Le Monde diplomatique Nr. 8197 vom 9.2.2007, Seite 11.

25 „Kein anderer Kontinent wird in den kommenden Jahrzehnten so vom Klimawandel betroffen sein wie Afrika. Dürren und Überschwemmungen werden zunehmen, der steigende Meeresspiegel die Siedlungsgebiete von Millionen Küstenbewohnern vor allem an der Westküste gefährden. Schon heute wird in vielen Ländern die Wasser-versorgung immer schwieriger. [...] Besonders gravierende Folgen wird der Klimawandel für die Landwirtschaft haben. Kürzere Vegetationsperioden werden zu geringeren Ernten führen. In Nord- und Westafrika werden wichtige Anbaufrüchte wie Mais, Hirse und Sorghum kaum noch gedeihen. Der Weizen wird in den kommenden 70 Jahren ganz aus Afrika verschwinden. Steigende Temperaturen bedrohen den Teeanbau in Kenia und die Kaffepflanzungen in Uganda. Vermehrte Niederschläge beschleunigen schon heute die Bodenabtragung im entwaldeten Hochland von Äthiopien.‚ Immel, Karl-Albrecht 2007: Klimawandel: Afrika besonders betroffen. http://www.welthungerhilfe.de/klimawandel-afrika.html Zugriff: 22.2.2011

26 Ein Beispiel für giftigen Müll, der illegal aber kostengünstig in Afrika abgeladen wird, ist Computerschrott. Diese Verschrottung auf Kosten der Ärmsten in Westafrika wurde sogar noch als Entwicklungshilfe deklariert. „Die Slums um die 'Agbogbloshie'-Müllkippe in Accra, dem größten Elektroschrottplatz Westafrikas: Hier leben mehr als dreitausend Menschen - in großer Armut und unter schlimmsten hygienischen Bedingungen. Giftstoffe wie Blei, Kadmium und Quecksilber kommen in Konzentrationen vor, die die Normalwerte bis zu 100-fach übersteigen. Viele Slumbewohner leiden unter schweren Vergiftungserscheinungen. Martin Hojsik, Elektro-Schrott Experte von 'Greenpeace-International', sagt dazu: Wir haben auf dem Schrottmarkt in Accra, Ghana, Bodenproben genommen und darin viele Giftstoffe, unter anderem Phthalate, Blei und Dioxine, gefunden.‚ In: http://www.presseportal.de/pm/25171/1382773/prosieben_television_gmbh Zugriff: 22.2.2011

27 Einer der erschreckendsten Eindrücke von TeilnehmerInnen der Karawane waren die unzähligen Kinder, die – vor allem in der Sahelzone – mit ihren Dosen um Essen betteln.

28 Sieveking, Nadine und Fauser, Margrit 2009. Migrationsdynamiken und Entwicklung in Westafrika: Untersu-chungen zur entwicklungspolitischen Bedeutung von Migration in und aus Ghana und Mali. Bericht für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. migrati-on_westafrika_workingpaper_68_sieveking+fauser_1.pdf 1 MB Zugriff: 14.2.2011, S. 104ff.

29 „Ein anderer Aspekt, der sich negativ auf die wirtschaftlichen Aktivitäten in Dioro auswirkt, ist das Absinken des Flusswasserspiegels und der deutlich spürbare Rückgang des Fischbestands. Dior liegt an der so genannten „Rou-te du poisson‚, einer Verbindungsroute, über die der Handle mit fisch zwischen Mali und Burkina Faso sowie mit der Elfenbeinküste verläuft. Der Rückgang dieser transnationalen Handelsbeziehungen wirkt sich unmittelbar auf den Markt in Dioro aus. (ebd., S. 108) Die Verschmutzung wurde vor allem von den Nigerfischern in der Nähe Ba-makos auf einem Treffen mit TeilnehmerInnen der Karawane beklagt.

30 ‚Vor den Küsten Senegals, Mauretaniens und Ghanas machen nicht Piraten die Gewässer unsicher, sondern Hochseetrawler, vor allem aus Europa. Sie plündern – in der Regel sogar ganz legal – die Fanggründe der einhei-mischen Fischer. Wenn sich das nicht ändert, dann ist auch vor Westafrikas Küsten bald mit Piratenangriffen ar-beitsloser Fischer zu rechnen, warnt EED-Mitarbeiter Francisco Mari, der für ein Lobbyprojekt des Hilfswerks in der Region recherchiert hat.‚ Stang, Bettina 2009 in Weltsichten. http://www.welt-sichten.org/artikel/art-02-009/raubzuege-vor-westafrika.html Zugriff: 22.2.2011.

31 „Die indische Marine hat nach Angaben der thailändischen Regierung vor gut einer Woche vor der Küste Soma-lias ein Fischerboot statt eines Piratenschiffes versenkt. [...] Die Versenkung des angeblichen Piraten-Mutterschiffes war in der vergangenen Woche als spektakulärer Coup im Kampf gegen die somalischen Seeräuber am Horn von Afrika gefeiert worden. http://www.focus.de/politik/ausland/somalia-versenktes-piratenschiff-war-offenbar-fischerboot_aid_351280.html Zugriff: 22.2.2011.

32 In Deutschland hielt Verteidigungsminister zu Guttenberg, gegenwärtig auf der Beliebtheitsskala im ganzen Land die Nr. 1, auf dem Höhepunkt der Affäre um seine plagiierte Doktorarbeit, eine Rede, in der er Sarrazins Buch als „gute Bestandsaufnahme‚ und als „gut und wichtig‚ lobte und fragte: „Haben wir uns zuviel mit fremden Kulturen auseinandergesetzt und dabei den Blick für unsere eigenen Wurzeln verloren?‚ Zitiert nach: Schmitz, Thorsten und Braun, Stefan 2011. Der Doktor und das liebe Volk. SZ 23.2.2011, S.3.

33 Der französische Präsident Sarkozy prägte unter anderem den Begriff: „kärchern‚, abgeleitet von den techni-schen Geräten einer Firma, die Hochdruckreinigungsgeräte produziert. Seiner Meinung nach, sollten die migrantisch geprägten Vororte von Paris, in denen es immer wieder zu Ausschreitungen kommt, u.a. nach dem Tod eines Jugendlichen durch Polizeigewalt, in dieser Form „gereinigt‚ werden. Vergleiche: „Nach Sarkozy-Entgleisung. Kärcher protestiert gegen Missbrauch des Firmennamens‚ Meldung Hamburger Abendblatt vom 1.2.2010, http://www.abendblatt.de/politik/ausland/article1364678/Kaercher-protestiert-gegen-Missbrauch-des-Firmennamens.html Zugriff: 23.2.2011. Im letzten Jahr machte Sarkozy dann mit der rechtlich zumindest umstrit-tenen massenhaften Ausweisung von Sinti und Roma aus Frankreich auf sich aufmerksam. Vgl.: „Streit um Roma-Abschiebungen‚ Meldung von Spiegel online 15.9.2010. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,717741,00.html Zugriff: 23.2.2011.

34 „Ceuta und Melilla als Fluchtpunkte nach Europa.‚ Deutsche Welle online Meldung 29.2.2005 http://www.dw-world.de/dw/article/0,,1724909,00.html Zugriff: 23.2.2011

35 Morice, Alain und Rodier, Claire 2010: „Europas Mauern. Mobile Hindernisse in Wüsten und Meeren‚. In: Le Monde diplomatique Nr. 9210 vom 11.6.2010, Seite 1,12-13.

36 http://www.migreurop.org/

37 Nsoh, Christopher: Exterritoriale Lager. Libyen und die Ukraine als Pufferstaaten der EU, in: Bürgerrechte & Poli-zei/CILIP 89 (1/2008), S. 26-33

38 Wiedemann, Charlotte 2009. ‚Menschlichkeit ist der wichtigste Eckstein modernen europäischen Grenzmana-gements, Frontex General Report 2008‚. In: Le Monde diplomatique Nr. 8907 vom 12.6.2009, Seite 12-13.

39 Crossing Borders, Newsletter Nr.6, 2008 Mali: Stoppt CIGEM, einen EU-Außenposten des Migrationsmanagments http://www.afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=189&clang=0 Zugriff: 24.2.2011

40 „Dabei lassen die Migrationsdynamiken, die sich seit Beginn der Kolonisierung in Westafrika herausgebildet haben, zwei Tendenzen erkennen: eine Tendenz zur Migration vom Landesinneren zu den Küsten und eine Ten-denz zur Migration vom Land die Städte. Entsprechend dieser Tendenzen wurden die Länder Senegal, Gambia, Elfenbeinküste, Ghana (Süden) und Nigeria aufgrund wirtschaftlicher Investitionen und des Ausbaus des Trans-portwesens durch die Kolonialmächte zu Immigrationsländern.‚ In: Dr. Sieveking, Nadine und Fauser, Margrit 2009. Migrationsdynamiken und Entwicklung in Westafrika: Untersuchungen zur entwicklungspolitischen Bedeu-tung von Migration in und aus Ghana und Mali. Bericht für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung. migration_westafrika_workingpaper_68_sieveking+fauser_1.pdf - 1 MB Zugriff: 14.2.2011, S. 27.

41 „Über 20 Immigranten waren am Wochenende bei einem Unglück ums Leben gekommen. Nach Meldungen arabischer Medien soll ein mit 120 Personen besetztes Schiff von einer Fregatte der tunesischen Küstenwache gerammt und versenkt worden sein. Zwei Überlebende berichteten, das Militär habe das Schiff zum Anhalten aufgefordert und anschließend gerammt. Dabei sei das Boot in zwei Teile zerbrochen. Zwei weitere Flüchtlinge kamen vor der Küste von Lampedusa ums Leben. Mumelter, Gerhard 2011. Lampedusa mit "biblischem Exodus konfrontiert, STANDARD-Printausgabe, 15.02.2011. http://derstandard.at/1297216350561/Unerwartete-Fluechtlingswelle-Lampedusa-mit-biblischem-Exodus-konfrontiert Zugriff: 23.2.2011

42 „Im Oktober 2005 waren bei dem Versuch, die Drahtzäune der spanischen Enklaven Ceuta und Melilla zu über-winden, etwa zwanzig Menschen aus den Subsahara-Ländern ums Leben gekommen, weil sie stürzten, erstickten oder weil die marokkanische Armee sie unter Beschuss nahm. Die marokkanische Führung versuchte auch nicht, dieses Massaker zu verheimlichen – und auch nicht, dass anschließend Migranten in ein Wüstengebiet an der abgeriegelten Grenze zu Algerien gebracht wurden, was weitere Todesopfer forderte.‚ Morice, Alain und Rodier, Claire 2010: „Europas Mauern. Mobile Hindernisse in Wüsten und Meeren‚. In: Le Monde diplomatique Nr. 9210 vom 11.6.2010, Seite 1,12-13.

43 Augenzeugenberichte enthalten oft die Beobachtung, dass Frontexboote mit ihrem Wellengang die kleinen Flüchtlingsboote zum Kippen bringen und dann weiter fahren.

44 Wiedeman, Charlotte 2009. Mythen der Migration "Menschlichkeit ist der wichtigste Eckstein modernen europä-ischen Grenzmanagements." Frontex General Report 2008. Le Monde diplomatique Nr. 8907 vom 12.6.2009, Seite 12-13

45 Putz, Ulrike 22.2.2011. Berichte über Gaddafis Söldner. Letztes Aufgebot des Despoten. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,747121,00.html Zugriff: 1.3.2011

46 Quelle: http://www.euroalter.com/2010/europes-outsourced-border-an-interview-with-dagmawi-ymer/ Zugriff: 23.2.2011

47 „Zwölf Prozent des Gases, das Italien verbraucht, stammt aus Libyens Wüste, beim Erdöl sind es sogar fast ein Viertel. Täglich 244.000 Barrel Öl förderte Eni bis jetzt in Libyen. [...] Den Verdacht, dass Berlusconi die Nähe zu Gaddafi auch für eigene Geschäfte nutzte, hegen viele in Italien. Bekannt ist zumindest, dass seine Holding Finin-vest wie Gaddafis Firma Lafico an der Produktionsgesellschaft Quinta beteiligt ist. Diese wiederum hält Anteile am Maghreb-Satellitensender Nessma TV. Bachstein, Andrea 2011. Der Oberst und der Cavaliere. SZ 23.2.2011, S. 7.

48 „Im Norden Libyens, in Tripolis oder Bengazi aufgegriffen, werden Flüchtlinge wie Vieh in unbelüfteten Contai-nern 1 500 Kilometer durch die Wüste nach Kufrah transportiert; die Reise dauert zwanzig Stunden, der stockdunk-le Container heizt sich auf wie ein Ofen, es gibt keinen Halt und kein Wasser, alle sitzen in Erbrochenem, Kot, Urin, Kinder schreien bis zur Erschöpfung. Nach Monaten der Haft in Kufrah werden sie dann von der libyschen Polizei an die Grenze zum Sudan gebracht – genauer gesagt: Sie werden in einem eingespielten Deal für 20 bis 30 Euro pro Kopf an sudanesische Schlepper verkauft, die den Flüchtlingen gegen etwa 500 Dollar helfen, zurück an die libysche Küste zu kommen. Dort wieder verhaftet geht es zurück nach Kufrah – und so weiter. Manche wurden fünfmal, siebenmal hin und her transportiert, bis ihnen endlich die Flucht nach Italien gelang.‚ Wiedeman, Charlot-te 2009. Mythen der Migration "Menschlichkeit ist der wichtigste Eckstein modernen europäischen Grenzmana-gements." Frontex General Report 2008. Le Monde diplomatique Nr. 8907 vom 12.6.2009, Seite 12-13

49 „Eine 1975 von der Weltbank und der OECD in Auftrag gegebene Studie zu Migration in Westafrika, beginnt mit der Bemerkung, dass Westafrika eine der wenigen Regionen in der Welt sei, in der es noch relativ weit reichende freie Bewegung von Menschen über internationale Grenzen hinweg gebe [...]. In der Forschungsliteratur zu West-afrika werden Migration und Mobilität eine herausragende Bedeutung zugemessen.‚ Sieveking und Fauser 2009: „Migrationsdynamiken und Entwicklung in Westafrika: Untersuchungen zur entwicklungspolitischen Bedeutung von Migration in und aus Ghana und Mali . Bericht für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. COMCAD Arbeitspapiere, Nr. 68, 2009, S. 21,22.

50 In einem Interview befragten wir zusammen mit einem Journalisten der taz den Organisator der Flüchtlings-transporte von der algerischen Grenze nach Gao in Mali nach diesen Transporten und nach den Daten zu Migration.

51 http://bewegung.taz.de/aktionen/wwwafrique-europe-interactnet/blogeintrag/26-januar-2011

52 Presseerklärung der Association des Expulsés Maliens (AME) vom 13.5. 2010 http://www.medico.de/themen/menschenrechte/migration/dokumente/abschiebung-von-149-maliern-aus-libyen/3770/ Zugriff: 24.2.2011

53 http://www.cmmigrants.org/goree/spip.php?article24 Zugriff: 28.2.2011

54 http://www.afrique-europe-interact.net

55 www.expulsesmaliens.info

56 www.aracem.org.

57 Und in Ausnahmefällen auch länger. Bei unserer Ankunft hatte eine Frau direkt nach ihrer Ankunft in der Nacht zuvor ein Baby geboren und ein minderjähriger Bürgerkriegsflüchtling aus dem Tschad ohne Kontakt zu (und Le-benszeichen von) seiner Familie war schon ein halbes Jahr dort.

58 . www.nolager.de

59 www.forumcivique.org

60 www.allincluded.nl

61 http://www.despontspasdesmurs.org/

62 Vgl. Geschichte des Netzwerkes Afrique Europe Interact auf der Website des Netzwerkes: http://www.afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=38&clang=0

63 Die Insel wechselte insgesamt siebzehn Mal den Besitzer. 1588 besetzte als erste Kolonialmacht Holland die Insel, danach England, dann wieder Holland, dann Frankreich usw.. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gor%C3%A9e Zugriff: 28.2.2011

64 http://www.afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=386&clang=0 Zugriff: 28.2.2011

65 Quelle: http://www.cmmigrants.org/goree/spip.php?article8&lang=fr Zugriff: 28.2.2011

66 Aus dem Aufruf: "The Polycentric World Social Forum is part of the construction process of an alternative to neoliberal policies. In the name of the fight against clandestine immigration, governments implement a repressive policy with the externalisation of wealthy countries borders through camps, refoulements, deportations and labour force selection. Those policies lead to dramas such as in Ceuta and Melilla, deaths in the desert, in the Mediterranean sea or in the Rio Grande. We propose to build at the international level a solidarity union against these murderous policies, between civil societies, NGOs, social movements and associations (...). From Bamako to Nairobi, we suggest to devote a year for an international mobilization dedicated to the right of every person to freely circulate around the world and to decide on one's own future. The following proposals stem from several seminars dedicated to migrations, hold during the Social Forum in Bamako: 1. We call for the creation of an international network for the exchange of informations and actions for the rights of all migrants. 2. We call for the implemtentation of a focus on 'migrations' in the preparation of Nairobi 2007. 3. We propose the creation of an International Mobilization Day which can take place in places which symbolize the borders (airports, detention camps, embassies...): against the special regime reserved for the migrants; against the repressive policy of migration; for the closing of camps and for the free circulation of people. The Euro-African summit in Rabat, in spring 2006, should be the first step of this mobilization. Bamako, January 2006." Quelle: http://no-racism.net/article/1561/ Zugriff: 28.2.2011

 

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