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Berichte

Persönliches Fazit vom WSF 2015

Dieses WSF war kein WSF sondern ein regionales nordafrikanisches Sozialforum

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieses WSF war für mich eine Enttäuschung. Stand das WSF 2013 in Tunis ganz im Zeichen des demokratischen Aufbruchs in der arabischen Welt so war davon m.E. diesmal bei der Wiederholung am gleichen Ort vergleichsweise wenig zu spüren.

Die Gründe für meine Enttäuschung sind folgende:

1. Die hoffnungsvollen Stimmen der Aktivist_innen aus Ägypten fehlten, was angesichts der inzwischen eingetretenen Restauration des Miltitärregimes im eigenen Land nicht verwundert.

2. Der Neuheitseffekt für die tunesischen Ottonormalverbraucher war verflogen; Familien, die vor zwei Jahren auf dem Campusgelände neugierig herumwanderten, fehlten diesmal völlig. Ebenso fiel die Beteiligung der lokalen Bevölkerung an der Auftakt- und Abschlusskundgebung diesmal deutlich geringer aus. Da half auch die nunmehr weitaus umfangreichere WSF-Berichterstattung z.B. im lokalen Fernsehen wenig.

3. Der Terroranschlag in Tunis eine Woche zuvor: Dies führte definitiv zu einem drastischen Rückgang der ausländischen Teilnehmer_innen und möglicherweise auch bei Teilen der tunesischen Bevölkerung. Als folge davon war die Teilnehmerzahl der Besucher_innen auf dem Campus Manar, dem zentralen WSF-Veranstaltungsort, meinem Eindruck nach diesmal weitaus geringer als vor zwei Jahren, vielleicht 15.000 bis 20.000 Menschen und keinesfalls die von den Veranstaltern angegeben 50.000

4. Das Wetter war auch für tunesiche Verhältnisse lausig nass und kalt; an allen Tagen mit Ausnahme des letzten Tages stürmte und regnete es. Das trug mit dazu bei das auf dem Campus-Freigelände und auch bei den Demonstrationen keine fröhliche Stimmung aufkommen mochte.

5. Gravierende organisatorische Mängel: Diesmal war die räumliche Orientierung extrem schwierig, da es sowohl für die Demonstrationen als auch für die Veranstaltungsorte der Seminare, Workshops und Konferenzen keine veröffentlichten Lagepläne gab. Das verwundert umso mehr da diesmal das endgültige Programm inkl. Raumangaben vorbildhaft ca. eine Woche vor WSF-Beginn auf der Veranstaltungswebsite bereit gestellt wurde. Ob man so vielleicht hoffte etwaigen Terroristen in die Irre zu führen weiß ich nicht, aber insbesondere diejenigen Teilnehmer_innen, die nicht über arabische oder französiche Sprachkenntnisse verfügten waren sehr damit beschäftigt ihre gewünschten Orte zu finden. Zudem mangelte es bei den Veranstaltungen zum wiederholten Male häufig an halbwegs brauchbaren Übersetzungen insbesondere in die englische Sprache.

Torsten Trotzki

 

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