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Berichte

Weltsozialforum in Porto Alegre: Mehr als symbolische Politik?

Die Südafrikanerin Dot Keets vertrat auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre das African Trade Network, ein Bündnis afrikanischer Gewerkschaften, sozialer Bewegungen und andere Nichtregierungsorganisationen zu Fragen der Handelspolitik (Interview)

(von Wolfgang Pomrehn, Junge Welt)

Sind Sie mit den Ergebnissen des Weltsozialforums zufrieden?

Ja. Wir haben der Welt gezeigt, daß die sozialen Bewegungen da sind und daß sie wachsen. Und besonders wichtig: Das Forum ist auch eine Antwort an die reaktionären Kräften gewesen, insbesondere in den USA, die versucht haben, die Ereignisse des 11. September auszunutzen, um uns einzuschüchtern und unsere Erfolge, die wir in der Kritik des globalen Systems erreicht haben, anzugreifen.

Ging es also in Porto Alegre mehr um symbolische Politik, als um das Entwickeln gemeinsamer Strategien?

Im wesentlichen war Porto Alegre ein Forum, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen, um uns gegenseitig Mut zu machen. Einige von uns kämpfen immerhin unter sehr schwierigen Bedingungen. Was eine gemeinsame Strategie angeht: Das ist eine sehr komplexe Frage. Es können sicherlich gemeinsame Positionen zu brennenden Fragen entwickelt werden, wie Palästina oder der Intervention der US-Truppen auf den Philippinen. Es gab hier viele Petitionen, die das Ende der US-Bombardements im Irak und die Aufhebung der Blockade und ähnliches forderten. Aber die größeren Fragen nach Alternativen für die Welt sind nicht so einfach zu beantworten. Ich denke, die werden wir Stück für Stück in unseren Diskussionen und Aktionen entwickeln, und zwar in dem Maße, wie wir die Vorherrschaft der neoliberalen Ideologie aufbrechen können. Und ein Ergebnis dieser Diskussionen wird sicherlich auch sein, daß es verschiedene Wege gibt, Dinge zu tun.

Sie sind aktiv in der Kampagne gegen die Welthandelsorganisation WTO. Gibt es auf diesem Gebiet ein paar Punkte, auf die sich die Bewegungen einigen müßten?

Mit Sicherheit. Das erste wäre die illegitime Natur des Doha-Verhandlungsprozesses, der im November auf der dortigen WTO-Tagung begonnen wurde. Es hat bei diesem Treffen wirklich skandalöse Manipulationen gegeben. Die offiziellen Verhandlungen waren undemokratischer als je zuvor, und auf der informellen Ebene hat es sehr viel unfaire Überredungsversuche gegeben - und Druck von den Vertretern mächtiger Staaten, vor allem der EU und der USA, gegenüber den afrikanischen, karibischen und pazifischen Ländern. Der ganze Verhandlungsprozeß ist also sehr fraglich. Die Doha-Deklaration sagt aus, daß es Verhandlungen über weitere Themen, das heißt Liberalisierung auf neuen Feldern geben soll. Das ist sehr umstritten, denn verschiedene Regierungen haben zum Schluß der Verhandlungen darauf bestanden, daß es darüber keinen expliziten Konsens gegeben hat, wie es die WTO-Regeln vorsähen. Die Kritik an diesen Dingen vereinigt ein breites Spektrum von Organisationen in aller Welt. Genauso gibt es eine große Einigkeit in der Ablehnung der bereits seit längerem laufenden Verhandlungen über Dienstleistungen und Patentrechte.

Zurück zum Forum: Afrika, Asien und Osteuropa sind unterrepräsentiert gewesen. Wie kann das in bezug auf Afrika beim nächsten Mal geändert werden?

Nun, im Vergleich zum Vorjahr war es dieses Mal schon deutlich besser. Im Vorfeld hatten wir große Anstrengungen unternommen, um ein Afrikanisches Sozialforum abzuhalten. Das war im Januar in Bamako, Mali. 240 Delegierte aus ungefähr 45 Ländern waren gekommen. Außerdem hat es in diesem Jahr eine ganze Reihe gut besuchter Arbeitsgruppen mit afrikanischen Themen gegeben.

Was halten Sie von Regionalisierung? Sollte man in Zukunft lieber zeitgleich Foren auf den einzelnen Kontinenten abhalten, wie es einige vorschlagen?

Regionalisierung finde ich auf jeden Fall wichtig. Denkbar wäre auch, globale und regionale Treffen im Wechsel abzuhalten; aber auf jeden Fall muß der Porto-Alegre-Prozeß in den Regionen vertieft werden. Das ist sehr wichtig, denn andernfalls wird das Weltsozialforum nur ein abgehobenes internationales Ereignis sein. Das wäre das Gegenteil von dem, was wir wollen. Es muß die realen Prozesse an der Basis widerspiegeln.

 

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