Berichte
Tunesien: Weltsozialforum und BND
(von JasminTeam, Jasminrevolution) Gerd R. Rueger 28.03.2013
Tunis. Pünktlich zum Weltsozialforum, dem Gegengipfel zu Bilderbergern, Davos & Co., kamen jüngst emsige Geheimdienstaktivitäten ans Licht: Der BND macht mobil in Tunesien und knüpft damit an alte Traditionen und Brückenköpfe an. Andrej Hunko (Die Linke) hatte sich nach der tunesischen 'Sicherheitssektorenreform' erkundigt. Das Auswärtige Amt teilte daraufhin mit, daß deutsche Geheimdienste seit Frühjahr 2012 in dem nordafrikanischen Land tätig sind -und auch gleich das WSF bespitzeln können. Das Auswärtige Amt teilte Der Linken offiziell mit, daß deutsche Geheimdienste seit Frühjahr 2012 in dem nordafrikanischen Land tätig sind: Es geht um das Projekt 'Euromed III', das die Überwachung des Internet und das Abhören von Telekommunikation beinhaltet. Damit knüpfen die deutschen Geheimen an ihre "Operation Goldhaus" (1958) in Tunesien an.
Das Weltsozialforum 2013 in Tunis
Vom 26. bis 30. März 2013 laden die tunesischen und maghrebinischen Sozial- und Bürgerbewegungen zum Weltsozialforum (WSF) nach Tunis ein, meldet attac Deutschland (Globalisierungsgegner). Vor 12 Jahren fand das erste WSF in Porto Alegre, Brasilien statt. Zum ersten Mal wird es 2013 in der arabischen Welt durchgeführt, in einem Kontext von revolutionären Umbrüchen in der gesamten Region. In zwei Jahre mit Revolten und Kämpfen haben soiale Bewegungen vier diktatorische Regime gestürzt das erste davon war das Regime von Ben Ali in Tunesien und der Kampf gegen die Diktaturen in zahlreichen Ländern geht weiter. Ob der deutsche Geheimdienst BND dabei aber sehr hilfreich sein wird? Er half schon Diktator Ben Ali gegen das tunesische Volk
Der BND -schätzt auch das tunesische Mittelmeerklima "Während hierzulande die Auflösung des Verfassungsschutzes gefordert wird, strecken deutsche Geheimdienste ihre Fühler auf Länder des Arabischen Frühlings aus. Auch die Unterstützung tunesischer Behörden durch Bundeskriminalamt und Bundespolizei ist ein ungeheuerlicher Vorgang", so der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke), dessen Anfrage die BND-Aktivitäten ans Licht brachte.
Andrej Hunko weiter: "Die deutsch-tunesische Kooperation ist eine zynische Antwort auf den arabischen Frühling. In Tunesien sind Menschenrechtsverletzungen durch Polizei und Geheimdienste an der Tagesordnung. Die Bevölkerung steht dem Sicherheitsapparat weiterhin außerordentlich skeptisch gegenüber. Auch vor dem Hintergrund der üppigen Unterstützung des NSU halte ich die deutschen Geheimdienste für absolut ungeeignet, sich zum Thema 'Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat' zu äußern.
Im Zuge der tunesischen Revolution wurde bekannt, dass die Bevölkerung mit westlicher Technologie bespitzelt wurde. Dies setzt die EU nun in eigenen Programmen fort. Mit fünf Millionen Euro wird das Projekt 'Euromed III' finanziert, das die Überwachung des Internet und das Abhören von Telekommunikation beinhaltet. Die deutschen Fortbildungen sind offensichtlich ähnlich ausgerichtet. Nachdem der damalige Präsident Ben Ali aus dem Land gejagt wurde, galt die Europäische Union der drangsalierten Bevölkerung als Hoffnungsträger. Stattdessen antworteten die Mitgliedstaaten mit erweiterten Missionen der EU-Grenzschutzagentur FRONTEX. Dies sorgt in Tunesien für großes Misstrauen. Mit den deutschen Maßnahmen zur 'maritimen Sicherheit' des Landes verschärft die Bundespolizei die EU-Migrationsabwehr weiter. Ich fordere die Bundesregierung auf, die Projekte des Bundeskriminalamtes, der Bundespolizei und der Geheimdienste umgehend zu stoppen. Angesichts des Dienstag in Tunesien beginnenden Weltsozialforums muss die Bundesregierung ein Signal setzen, das Bürger- und Menschenrechte betont. Die Projekte des Bundesinnenministeriums gehen in die denkbar falsche Richtung".
Hoffen wir, dass die Damen und Herren vom BND in Tunis auch etwas über soziales Verhalten lernen werden: Das WSF in Tunis bietet die Gelegenheit zur Diskussion und zur Vorbereitung der Mobilisierung hinsichtlich der zentralen Herausforderungen und im Spiegel aktueller internationaler Entwicklungen. Wir wollen alte und neue Bewegungen zusammenbringen, um gemeinsame Wege für eine 'andere Welt' zu beschreiten. Das WSF: Vor Ort in Tunis arbeiten rund 100 Freiwillige an der technischen Vorbereitung der Erweiterungsaktivitäten, unterstützt von Freiwilligen in Europa und darüber hinaus. Mit dieser Unterstützung ist geplant ein große Zahl von WSF-Veranstaltungen live via Internet per Livestream zu übertragen und parallel via Chat per Skype eine Möglichkeit der Fern-Beteiligung zu schaffen. Die konkreten Sende-Termine können dem Sendeplan entnommen werden. BND in Tunis ist nichts Neues
1958 befahl der BND seinem Agenten Christmann in Tunis ein deutsches Spionagenest aufzubauen. Deckmantel war im Lande der dem Glücksspiel nicht abholden Tunesier eine Spielbank daher der Name “Operation Goldhaus”. Tunesier wurden zur Schulung nach Pullach geholt, deutsche Spezialisten reisten nach Tunis. Adenauer handelte nicht nur im Auftrag der USA, auch deutsche Handelsinteressen bei den absehbar reichen Ölstaaten im arabischen Raum galt es zu wahren.
Ab 1954 hatte die algerische FLN (Front de la Liberation National) den Aufstand gegen die frz. Kolonialmacht begonnen. Anders als Tunesien und Marokko hatte Paris Algerien nicht den Status einer eigenständigen Nation zugesprochen, die etwa eine Million französische Siedler standen neun Millionen unterdrückten “Eingeborenen” gegenüber. Acht Jahre blutiger Befreiungskrieg standen dem Land bevor, in dem Franzosen auch als Folterknechte auftraten, wie Henri Alleg in seinem berühmtem autobiographischen Werk “La Question” (1958 in Frankreich verboten, erst 1960 freigegeben) beschreibt. Ein Militärputsch kolonialistischer Generäle erschütterte 1958 Paris, erst General de Gaulle konnte die Ordnung wieder herstellen. Die FLN bekam Waffen aus der BRD, mutmaßlich mit maßgeblicher Hilfe des BND.
Das BND-Personal im französischen Einflussbereich konnte auf Erfahrungen aus dem Nazi-besetzten Frankreich zurückgreifen. Nazi-Kriegsverbrecher, frisch aus französischen Gefängnissen, nutzten ihre Sprachkenntnisse als Agenten. Der Ex-General der Wehrmacht Wilhelm Farmbacher war z.B. schon 1952 in Kairo aufgetaucht, wo er für König Faruk unter anderem eine Fallschirmjäger-Truppe aufbauen sollte. Sechs Jahre später könnte Farmbacher dort in Kairo in der CIA-Residentur einem gewissen Saddam Hussein begegnet sein, der dort erste Kontakte knüpfte. Eine zukunftsträchtige Affäre, die Saddam 1979 zum US-gestützen Lieblingspräsidenten des Irak werden ließ.
Der BND schaltete und waltete weiter in Tunis, wo sich später Arafat herumtrieb und wo man sich beim entspannenden Glücksspiel nebenher auch günstig Waffen besorgen konnte. Vom “Goldhaus” in Tunis aus machte Adenauers Bonner Regierung sich insgeheim bei US-Amerikanern und Arabern beliebt und gab so manchem Nazi Gelegenheit sich an den Franzosen zu revanchieren.
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