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Berichte

Werkstatt der Träume

15 Jahre Weltsozialforum: In Porto Alegre treffen sich die Vertreter von linken Kräften aus 60 Ländern

(von Christiane Dias, junge Welt)

Porto Alegre: Eine andere Welt, in der die Diktatur des Kapitalismus nicht der einzig mögliche Weg gesellschaftlicher Entwicklung ist, existiert und befindet sich seit mehr als 15 Jahren im Aufbau. Dies zeigt das außerordentliche Treffen des Weltsozialforums von Porto Alegre (WSF), das zu seinem Gründungsjubiläum am Dienstag in der Hauptstadt des südbrasilianischen Bundesstaates Rio Grande do Sul begann. Zum offiziellen Auftakt des Forums nahmen etwa 20.000 Menschen aus sechzig Ländern am Umzug unter dem Motto »Für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Solidarität« durch die Straßen des Zentrums teil. Die Teilnehmer kommen aus vielfältigen sozialen Bewegungen, die den Kapitalismus als vorherrschendes Gesellschaftsmodell ablehnen.

In diesem Jahr hat das Forum, das hier in Porto Alegre 2001 seinen Anfang nahm, thematische Schwerpunkte mit dem Titel »Frieden, Demokratie, Rechte der Völker und des Planeten«. Die nächste reguläre Veranstaltung des globalen Events findet vom 9. bis 14. August im kanadischen Montreal statt, erstmals in der nördlichen Hemisphäre. Außer in Brasilien tagte das WSF bisher schon in Venezuela, Tunesien, Senegal, Kenia und Indien.

Bis zum 23. Januar werden in Porto Alegre Vertreter linker Parteien und Bewegungen zusammenkommen, um weiter an einer Plattform gegen rassistische, sexistische, religiöse oder soziale Diskriminierung zu bauen. Sie eint ihr Eintreten für eine gerechtere Verteilung des Reichtums, für Frieden zwischen den Völkern, die Demokratisierung der Medien, für die Bewahrung aller Formen des Lebens. Menschen, die für den Zugang aller zu Gesundheit kämpfen und gegen den Missbrauch der Psychiatrie, für das Recht auf Bildung, einen guten öffentlichen Nahverkehr, die Legalisierung von Haschisch oder den Schutz der Umwelt. Ein breites Spektrum trifft sich in Porto Alegre, um auf eine horizontale und partizipative Weise Analysen und Vorschläge zu erarbeiten, die in Montreal weiter vertieft werden sollen.

Das Forum selbst hat sich bereits als eine Form realer Gegenmacht organisiert. Es gibt 470 selbstbestimmte Aktivitäten und intensive Debatten mit Runden Tischen und kollektiven Diskussionen, ebenso wie traditionell hierarchisch angelegte Podien und Seminare. Daneben wurde ein »Forinho«, das Sozialforum der Kinder, organisiert. Es startete bereits vor dem der »Großen« und beinhaltet unter anderem Theaterspiel, das Erzählen von Geschichten und Werkstätten zum Bau von Spielzeugen und Musikinstrumenten.

Während die sozialen, antikapitalistischen Bewegungen einen neuen Weg aufbauen, sehen sie sich auch vor neue Herausforderungen gestellt. Die Welt hat sich in den vergangenen 15 Jahren verändert. Dazu trugen die Weltwirtschaftskrise, neue Machtachsen, das von Kriegen herrührende Flüchlingsproblem und die Eskalation der Gewalt in der Nahostregion bei. Das findet sich in den in Porto Alegre zu behandelnden Themen wieder.

Mauri Cruz, einer der Organisatoren des Forums, sieht sein Anliegen von Beginn an darin, Träume in konkrete Erfahrungen zu verwandeln. Die 15 Jahre hätten bewiesen, dass eine neue Welt möglich sei. Neben den traditionellen Bewegungen und Gewerkschaften sind heute besonders auch kleine Organisationen hier vertreten, mehr als je zuvor wird es von Frauen, Indigenen, Schwarzen und Queer-Aktivisten mitgeprägt.

Parallel zum WSF wird in Porto Alegre das Weltforum der Volksbildung veranstaltet. Einer der Referenten dort ist der portugiesische Soziologe Boaventura de Sousa Santos. Das Wiedererstarken der Rechten, insbesondere in Lateinamerika, und die Zählebigkeit des Neoliberalismus als ökonomische Lehre betrachtet er mit Sorge. Für Boaventura ist dies das Echo einer Ungleichheit, die an Schulen und Universitäten verstetigt wird: der Ausschluss der Ärmsten von Bildung und Wissensprivilegien für die Eliten. Für Professor de Sousa sollte Bildung allen die Mittel in die Hand geben, um die Wirklichkeit zu verändern. Er bezieht sich dabei auch auf die emanzipativen Konzepte zur Volksbildung des bekannten brasilianischen Pädagogen Paulo Freire. Dessen Namen trägt eines der Zelte, die für Gesprächsrunden des Bildungsforums im Parque da Redenção, dem Park der Erlösung, errichtet wurden.

Übersetzung: Peter Steiniger

 

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