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WSF 2006 / Amerikanischer Teil / Abschluss

(Vorbemerkung: Das WSF versteht sich als Raum der Debatte und des Austauschs und verabschiedet keine politischen Stellungnahmen. Doch kamen auch diesmal im Rahmen des WSF zahlreiche Vertreter und Aktive der sozialen Bewegungen in einem eigenen Forum zusammen, um einen gemeinsamen "Aufruf zur Tat" zu debattieren und zu verabschieden.)

Caracas-Aufruf der Versammlung der Sozialen Bewegungen
auf dem Weltsozialforum in Caracas am 29.01.2006

In den letzten Jahren haben die Massenbewegungen gegen den Neoliberalismus und den Imperialismus auf dem amerikanischen Kontinent und anderen Teilen der Welt eine Legitimitätskrise des neoliberalen Systems und seiner Institutionen hervorgerufen. Die jüngsten Beispiele dafür sind das Scheitern der Amerikanischen Freihandelszone (ALCA) in Mar del Plata und des Europäischen Verfassungsvertrages in Frankreich und den Niederlanden.

Wir leben in einer Zeit, in der militärische Interventionen von Seiten der Regierungen der Vereinigten Staaten, von Europa und ihren Ve rbündeten an der Tagesordnung sind. Ihr Ziel ist es, die Reichtümer des Planeten zu kontrollieren und auszubeuten oder Befreiungsprozesse zu unterbinden und den Völkern ihre Souveränität, ihr Selbstbestimmungsrecht, zu verweigern - teilweise mit dem Einverständnis der lokalen Eliten. In der letzten Zeit haben wir in Lateinamerika eine Explosion von Mobilisierungen gegen den Freihandel, die Militarisierung, die Privatisierungsprozesse und für die Ve rteidigung der natürlichen Ressourcen und der Ernährungssouveränität gesehen. Diese Mobilisierungen haben in einigen Ländern dazu geführt, dass politische Alternativen, die in der Hitze der Massenmobilisierungen entstanden sind, an die Regierung gelangten.

Das jüngste Beispiel dieses Prozesses ist der Wahlsieg von Evo Morales in Bolivien. Er ist Ergebnis des Kampfes gegen die Wasserprivatisierung, der Kämpfe der Bauern, der Indigenen, der Arbeiter und der Aufstände, die sich in Bolivien seit dem Jahr 2000 entwickelt haben. Transnationale Konzerne wie Repsol (ein spanisch-argentinisches Erdölunternehmen – Anm. d. Ü.) und andere haben angekündigt, ihre vorgesehenen Investitionen in Bolivien zurückzunehmen, um die Politik der neuen Regierung zu beeinflussen - vor allem die der Wiederaneignung der natürlichen Ressourcen.

Deshalb ruft diese Versammlung die Gewerkschaften der Arbeiter und die sozialen Bewegungen der Länder, in denen diese Unternehmen operieren, auf, die Erpressung zu verhindern und diese Konzerne einer dauerhaften Beobachtung zu unterziehen, um die Souveränität des bolivianischen Volkes zu garantieren und seiner Regierung die freie Ausübung ihrer politischen Entscheidungen zu ermöglichen

Angesichts der Regierungsübernahme durch politischen Alternativen, die mit den Massenbewegungen verknüpft sind, müssen wir als soziale Bewegungen unsere politische und programmatische Eigenständigkeit beibehalten und die soziale Mobilisierung voran treiben, um in der Verfolgung unserer Ziele voranzukommen und Druck auszuüben gegen jegliche Anpassung dieser Regierungen an das neoliberale Modell.

Schließlich werden wir, die auf dem Sozialforum in Caracas versammelten sozialen Bewegungen, vier zentrale Kampagnen für 2006 lostreten, um das neoliberale Modell, den Imperialismus und den Krieg weiterhin zu bekämpfen:

  1. Internationaler Tag der Mobilisierung gegen die Besatzung des Irak am 18. März:
    Gegen Krieg und Besatzungen: Keine weiteren Kriege! Frieden ist die einzige Lösung

    Wir fordern den sofortigen und unbedingten Abzug der ausländischen Truppen aus dem Irak und ein Ende der Privatisierung seiner Energieressourcen.

    Wir lehnen die Besatzung von Territorien durch ausländische Truppen ab und fordern daher ein Ende der israelischen Besatzung in Palästina und die Schaffung eines unabhängigen palästinensischen Staates.

    Wir stellen uns den Besatzungsdrohungen gegen Syrien, Iran und gegen lateinamerikanische Länder durch den „Plan Colombia“ entgegen. Wir wenden uns gegen Militärbasen und gegen die Verwendung des wirtschaftlichen Boykotts als Kriegsmittel, wie ihn die USA gegen Kuba betreibt.

    Wir verlangen die Abrüstung und die Vernichtung von Atomwaffen und Massenvernichtungswaffen.

    Wir fordern den Respekt der Menschenrechte und der Bürgerrechte, und ein Ende von Folter, Entführungen, illegalen Verhaftungen und Geheimgefängnissen.

    Wir rufen alle auf, am globalen Protesttag gegen die Besatzung des Iraks am 18. März auf die Straße zu gehen als Teil der globalen Kampagne, die solange aufrecht erhalten wird bis die ausländischen Truppen aus dem Irak abgezogen sind.

    Wir rufen auch auf zur Konferenz gegen die Vorherrschaft der USA und die Besatzung des Irak, die in Kairo, Ägypten, vom 24.-27. März stattfinden wird.

  2. Gegen den Abschluss der Doha- Runde der Welthandelskonferenz (WTO)

    Nach der Ministerkonferenz der WTO in Hongkong, die die Bewegungen trotz großer Anstrengungen nicht zum Scheitern bringen konnte, eröffnet die Ministererklärung der WTO den Weg, um die Verhandlungen zur Liberalisierung des Handels der Doha-Runde zum Abschluss zu bringen.

    Die vereinbarte Erklärung war Ergebnis der Einschüchterungstaktik der EU und der USA einerseits und der entscheidenden Rolle der brasilianischen und indischen Regierung andererseits, die einen möglichen Posten in den Machtstrukturen der WTO im Blick haben.

    Trotzdem ist nicht alles verloren. In den folgenden drei Monaten muss die WTO komplexe Verhandlungen führen und wir, als soziale Bewegungen, müssen Kampagnen und gemeinsame Aktionen realisieren, die Druck auf die Regierungen ausüben, um die Ergebnisse von Hongkong zu revidieren und die WTO beim nächsten Treffen der Generalversammlung im Mai 2006 aus der Bahn zu werfen.

  3. Gegen den G8 Gipfel in St. Petersburg in Russland (Juli 2006)

    Wir unterstützen den Aufruf der sozialen Bewegungen und Organisationen Russlands und rufen die Bevölkerung, sowie alle sozialen Bewegungen und Organisationen dieses Landes auf, die Prinzipien des Friedens, der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit mit uns zu teilen, Widerstand zu leisten, und gemeinsam mit uns am Gegengipfel der Völker gegen denG8 Gipfel in St. Petersburg im Juli teilzunehmen. (Kontakt: alternativity@tochka.ru)

  4. Gegen den Gipfel der Weltbank und des IWF (September 2006)

    Die Versammlung der sozialen Bewegungen schließt sich dem Aufruf der Versammlung der Völker des Südens an, sich anläßlich des Jahrestreffens der IWF und der Weltbank im September 2006 zu einem internationalen Aktionstag vor den Hauptniederlassungen dieser Institutionen in den verschiedenen Ländern zu organisieren.

    Dieser internationale Aktionstag wird die Illegitimität der Auslandsschulden der Länder des Südens anprangern sowie deren Ablehnung und Nicht-Zahlung verteidigen. Wir werden in diesem Zusammenhang die Anerkennung der Tatsache einfordern, dass die Völker des Südens Gläubiger einer immensen historischen, sozialen und ökologischen Schuld sind und Rückerstattung und Wiedergutmachung einfordern.

Übersetzung Lucia Schnell, Helga Heiderich,
SiG-Redaktion.
Quelle (Spanisch):
http://www.attac.org.es/portalattac/index.php?option=com_content&task=view&id=117

 

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