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Berichte

"Ade-us So-ros"

(von Thomas Fischermann, Die Zeit)

Man kann es so sehen, dass die Pleite einfach an erhitzten Gemütern, schlechten Manieren und einer miesen Planung lag - ein Moderator hätte Wunder gewirkt. Aber es steckt eine grundsätzlichere Frage dahinter, die die Debattierer in Südbrasilien erst einmal unter sich klären müssen. Wollen sie wirklich einen Dialog zwischen beiden Seiten? Wollen sie "Fundis" oder "Realos" sein? Einige Sprecher in Porto Alegre haben das WSF und das WEF in den letzten Tagen als "antagonistische Gegensätze" bezeichnet, "zwei völlig verschiedene Entwürfe der Zukunft". Wozu dann debattieren? Manche Gruppierungen warnen vor dem Dialog mit den Mächtigen, weil dieser auch die Gefahr der "Kooptionen" berge - die Vereinnahmung, und letzlich den Verrat der eigenen Ziele. Zugegeben, das ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen: Aktionen wie die Zusammenarbeit zwischen Greenpeace und Monsanto oder der im Sommer geschlossene "Global Compact" aus großen Konzernen, gemäßigten NGO und der UNO werden inzwischen als große Seifenblase angesehen - allerdings mit hervorragender Werbewirkung für die beteiligten Konzerne.

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Ein ganz praktischer Beitrag zur Hilfe für die Dritte Welt: Auf Workshops und Debatten in Porto Alegre können sich die Teilnehmer über die Möglichkeiten und Grenzen von Gratis-Software informieren. Die teuren Software-Lizenzen von Anbietern wie Microsoft hemmen oft die Verbreitung von Computern in der Dritten Welt, oder sie führen zum massenhaften Raubkopieren (was dann wiederum großen Ärger und Strafzahlungen verursacht - wie es übrigens die Regierung des zu Porto Alegre zugehörigen Bundesstaates kürzlich gemerkt hat). Betriebssysteme wie Linux, Web-Browser wie Mozilla und "Office"-Pakete samt Textverarbeitung und Tabellenkalkulation wie Star Office werden hingegen kostenlos lizensiert und zum Teil in Privatinitiative von Programmieren und Hackern auf der ganzen Welt weiter entwickelt. Sie funktionieren längst ähnlich gut wie (und manchmal besser als) teure kommerzielle Programme.

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Bei den Berichten aus Porto Alegre geht häufig unter, dass zum Weltsozialforum (WSF) der NGO und Globalisierungsgegner auch noch zwei Parallelveranstaltungen gehören. Am Sonntag ging ein "Weltforum der Parlamentarier" zu Ende, bei dem einige Volksvertreter aus mehreren Ländern (darunter Deutschland und die Schweiz) über Themen wie internationale Finanzmärkte und die Zukunft der Demokratie diskutierten. Ein "Weltforum der Städtevertreter" bringt eine Reihe Bürgermeister zusammen.

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Wie empfinden Menschen die wirtschaftliche Globalisierung? Ein mehrtägiger Workshop beim Weltsozialforum (WSF) in Porto Alegre dreht sich um das Thema "Psychoanalyse und das Schlecht-Ergehen der Menschen". Das mag ein ziemlich voreingenommener Titel sein, aber in den Diskussionen tragen Psychologen und Soziologen aus aller Welt eindrucksvolle Erkenntnisse zusammen. Da gibt es neue psychologische Krankheiten durch wachsende Unterschiede zwischen reich und arm in vielen Ländern. Die Armen der Welt werden immer gewaltbereiter. Die Kultur des Geldes und der "Konsumterror" in reichen Ländern dominieren die Vorstellungswelten von immer mehr Menschen - und rauben ihnen andere Fantasien. Die Menschheit tut sich schwer mit der Informations-Explosion in Massenmedien und Internet. Andere Workshops in diesem Themenblock drehen sich um Sozialhilfe, Bildung und "soziale Ausgrenzung".

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Hinweis für radikale Kapitalismusgegner, die nach dem Kongress in Porto Alegre noch ein wenig durchs Land reisen wollen: Die Website "A-Infos" ("von, für und über Anarchisten") hat jetzt unter www.ainfos.ca/en/ainfos05751.html auch ein Brasilienprogramm zusammengestellt. Die Tester der Route haben sich per Anhalter ("Nach tagelangem Ritt auf dem Kokosnuß-Lastwagen kamen wir in ziemlich schlechtem Zustand an") über die Lebensbedingungen von unterdrückten Minderheiten, Punks und Widerstandsgruppen im Lande informiert. Der alternative Reisestil ist aber nichts für schwache Nerven. "Buzzard" und "Rooster" wurden unterwegs ausgeraubt, litten an Durchfällen, der Hitze und mutmaßlich an Malaria und gerieten in eine Schießerei der Polizei.

 

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