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"In dem Klima gedeihen nur Rüstungsgeschäfte"

Das Weltsozialforum, das derzeit im südbrasilianischen Porto Alegre tagt, vertritt nach Ansicht des Vorsitzenden der Unternehmerstiftung "Ethos", Oded Grajew, viel eher Unternehmensinteressen als das Weltwirtschaftsforum. Grajew plädiert für eine "ethische Globalisierung mit anderen Regeln". (Interview)

(von Gerhard Dilger, FAZ)

Herr Grajew, wo liegen für Sie als ehemaliger Unternehmer die Gemeinsamkeiten zwischen dem Weltwirtschaftsforum in New York un dem Weltsozialforum?

Wenn man einmal von den schönen Worten absieht, sehe ich nur wenige. Das Weltwirtschaftsforum arbeitet gegen die Interessen der Unternehmer. Es propagiert den so genannten Freihandel, die freie Bewegung des Kapitals, Wettbewerb um jeden Preis. Das Ergebnis ist Umweltverschmutzung, die Gefährdung der Ressourcen, ein weiteres Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich. Milliarden von Menschen gehen als Konsumenten verloren, und die wachsende Armut verschärft die Gewalt. Das ist kein geeignetes Klima, in dem Geschäfte gedeihen, wenn wir einmal die Rüstungsindustrie ausnehmen. Aus meiner Sicht entspricht das Weltsozialforum, an dem sich 300 Unternehmer beteiligen, viel eher den Interessen der Firmen.

Sie plädieren also für eine stärkere Reglementierung der Weltwirtschaft?

Nein, mein Ziel ist eine ethische Globalisierung mit anderen Regeln. Sehen Sie sich einmal das Regelwerk der Welthandelsorganisation an. Ich bin für die Menschenrechte als Leitschnur, und nicht für Regeln, die nur im Interesse weniger Firmen und Ländern liegen. Die Unternehmer sollten sich an der Erklärung der Menschenrechte und den Normen der Internationaler Arbeitsorganisation orientieren. Sie sollten die Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit garantieren, das Verbot der Kinderarbeit einhalten und sich für eine umweltverträgliche Produktion stark machen.

Wir kann man sie dazu bewegen?

Ein Hebel sind die Verbraucher. Wenn die darauf achten, unter welchen Bedingungen Produkte hergetellt werden und ihr Kaufverhalten entsprechend ausrichten, dann wird auch in den Unternehmen ein Umdenken stattfinden. Auch Gewerkschaften und andere Organisationen können dazu beitragen, indem sie die Öffentlichkeit informieren. Und die Regierungen müssen garantieren, dass die Gesetze eingehalten werden.

Für Brasilien scheint dieses Szenario noch in weiter Ferne zu liegen . . .

Ja, wir brauchen einen langen Atem. In den hochverschuldeten Ländern der Dritten Welt versagen die Kontrollmechanismen, denn wegen der Bedienung der Auslandsschulden ist der Staat oft nicht mehr in der Lage, die grundlegensten Aufgaben zu erfüllen. Das führt dann dazu, dass jene Firmen, die regulär arbeiten, ihre Arbeiter anmelden und Steuern zahlen, wegen höherer Kosten Wettbewerbsnachteile haben. Speziell von den multinationalen Firmen fordern wir, dass sie auch bei uns die strengeren Normen aus den Industrieländern anwenden.

Die Selbstverpflichtung der Firmen über den Global Compact der UN geht ja in diese Richtung. Funktioniert das?

Bisher noch nicht, denn der jetzigen Form fehlen die nachprüfbaren Kriterien. Unsere Stiftung hingegen, der sich 540 brasilianische Firmen angeschlossen haben, verwendet Indikatoren für soziale Verantwortlichkeit, über die die gesamte Funktionsweise der Firma abgedeckt wird.

(Der Brasilianer Oded Grajew, 57, ist Vorsitzender der Unternehmerstiftung "Ethos" und hatte die Idee zum Weltsozialforum in Porto Alegre. Er sitzt im Organisationskomitee des Weltsozialforums, das derzeit im südbrasilianischen Porto Alegre tagt.)

 

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