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Berichte

All Roads Lead to Cancun

Über die Bedeutung der fünften Mininsterkonferenz der WTO in Cancun für die globalisierungkritische Bewegung im Jahr 2003

(von Paul Buntzel - attac-Berlin)

"Hören wir auf, zu denken, dass wir gewinnen koennten. Lasst es uns tun!" So versucht Antonio Tricario von der italienischen "Kampagne zur Reform der Weltbank" die Zuhoerer auf das wichtigste Datum fuer die globalisierungskritische Bewegung im Jahr 2003 einzuschwoeren, die naechte Ministertagung der WTO in Cancun (Mexiko) vom 10.-14.9.2003. Die Diskussion um die Mobilisierung dafuer gestaltet sich im Laufe der Veranstaltung jedoch komplizierter, als dieser Satz anzeigen kann. Cancun ist weit - zeitlich und raeumlich. Und die europaeischen Bewegungen und NGOs haben im Augenblick noch besseres zu tun, als sich um eine im September stattfindende Konferenz zu kuemmern. Doch "das Scheitern der WTO in Cancun darf nicht nur in der Hand der Mexikaner liegen," so Tricario weiter.

Doch warum ist diese Ministerkonferenz eigentlich von so grosser Bedeutung? Attac-Delegierte, wohin das Auge blickt, Focus on the Global South, World Development Network, Oxfam, Third Word Network, Trade Justice Movement und, und, und. Alles, was in Handelfragen Rang und Namen hat, hatte sich versammelt, um grundlegende strategische Fragen fuer die Koordinierung des "naechsten Seattle" zu diskutieren.

Die Antwort, die gefunden wurde lautet: Die Entscheidungen, die in Cancun getroffen werden haben fuer die Entwicklung der Welthandelsorganisation groesstmoegliche Bedeutung. Die Macht der WTO wird entweder enorm zunehmen oder sie wird einen Imageschaden erleiden, der dem in Seattle 2000 gleichkommen kann.

Im November 2001 wurde in Doha trotz vehementen Widerstandes der Entwicklungslaender entschieden, dass in Cancun die Weiterverhandlung eines Investitionsabkommens in der WTO verabschiedet werden muss - oder eben nicht. Was an diesem Abkommen so wichtig ist belegt die neu erschienene Broschuere der S2B-Networks unter http://www.s2bnetwork.org/S2B- InvestmentWTO-Brochurefinal.pdf . Hier nur so viel: Unternehmen soll mit diesem InvestitionsSCHUTZ-Abkommen die Moeglichkeit gegeben werden, Staaten zu verklagen wenn sie einen transnationalen Konzern enteignen. "Enteignung" bedeutet hier beispielsweise schon die Einfuehrung eines neuen Umweltschutzgesetzes, dass den erwarteten Gewinn eines Unternehmens zu schmaelern droht. Ein Staat koennte dann vor der WTO angeklagt werden und muesste das entsprechende Gesetz zuruecknehmen.

Der eigentlich noch schlimmere Aspekt der sogenannten "Neuen Themen" waere jedoch die daraus folgende weitere Legitimierung der WTO als internationale rechtssetzende Organisation. Nach der Hinzunahme von Dienstleistungen (GATS) und intellektuellen Eigentumsrechten (TRIPS) in der Uruguaz-Runde 1994 haette die WTO so das Recht, sich immer weitere, den Handel nur am Rande tangierende, Themen einzuverleiben.

Tricario sagt: "Diesen Kampf muessen wir gewinnen!" Und er hat Recht. Doch welche Strategien sollen wir als Globalisierungskritiker und Antiglobalisierungsbewegungen dabei fahren? Walden Bello stellte dazu ein schuessiges Konzept vor, das in seiner Substanz in der Debatte nicht hinterfragt wurde. Um die unkontrolliete Weiterliberalisierung im Rahmen der WTO zu verhindern muessen sich die Bewegungen auf das Datum Cacun konzentrieren. Auf der einen Seite muessen sich die Industrielaender in der Frage der Agrarsubventionen zerstreiten, auf der anderen Seite brauchen die Verhandlungsdelegationen der Entwicklungslaender das Rueckgrad, um sich gegen die Vorschlaege, besonders die agressive Haltung der EU, durchsetzen zu koennen. Unverzichtbar ist ein riesiger interntionaler Protest, der allen zeigt: Die WTO-Verhandlungen geschehen nicht in unserm Namen, die Entscheidungen, die unter dem Dach der WTO getroffen werden und so viel Schaden anrichten haben nichts mit Demokratie oder einer vernuenftigen Politik zu tun!

Was folgt daraus fuer Bewegungen wie attac? Die Aufgabe, Zwist zwischen den USA und der EU zu stiften sollten wir lieber den proefssionellen NGOs ueberlassen, das ist eine Aufgabe, mit der attac einfach ueberfordert waere. Der Punkt, das Rueckgrad der NGOs zu staerken und zu protestieren ist schon eher unser Metier.

Wie sollte der Protest beschaffen sein?
Gross, effektiv und international. Um Groesse zu garantieren muessen wir all unsere Ressourcen mobilisieren. Um Effektivitaet zu garantiern muessen wir Bildungsarbeit leisten: bei uns, bei den Medien, in der Bevoelkerung und auf Regierungsebene, wie es beispielsweise das britische "Trade Justice Movement" mit ihrer Aktion des Mass-Lobbying hervorragend erreicht hat (http:// www.tradejusticemovement.org.uk/). Internationalitaet ist bisher noch das groesste Problem. Wie vermitteln wir, dass nicht nur einige Zehntausend vereinzelt in verschiedenen Staedten Europas und Amerikas protestieren? Wie vermitteln wir, dass wir eine weltweite Bewegung sind aus indischen Bauern, europaeischen Gewerkschaften, US-amerikalischen Studenten und mexikanischen Zapatistas? Erste Ideen sind die Vernetzung der weltweiten Proteste ueber live-Videokonferenzen, uebertragen auf Grossleinwaenden... Realistischere Moeglichkeiten muessen wohl in langen Denkanstrengugen noch gefunden werden.

Fuer uns in Europa bedeutet Cancun nun aber vorerst Abeit, viel Arbeit. Wir muessen uns vernetzen, gemeinsame Visionen entwickeln, die Bildungsarbeit gemeinsam mit den NGOs vorantreiben...

Packen wir es an! Fuer eine demokratische und soziale Welt - ohne ein Investitionsabkommen in der WTO!

 

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