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Dakar: Zeit für eine Schlussbilanz

Das zehnte Weltsozialforum in Dakar, Senegal, ist diesen Freitag zu Ende gegangen. Für die Schweizer Parlamentarier, die dabei waren, ein Erfolg. Trotz organisatorischer Mängel kein Mangel an Themenreichtum und interessanten Debatten.

(von Daniele Mariani, swissinfo.ch)

Dakar - "Dieses Sozialforum war eine einmalige Gelegenheit, um Kontakte zu knüpfen und Neues zu erfahren", sagt die sozialdemokratische Nationalrätin Margaret Kiener Nellen. "Ich habe wirklich interessante Afrikaner kennengelernt. Und auch Europäer getroffen, mit denen ich seit langem sprechen wollte." Der Anlass sei einzigartig gewesen. 

Das diesjährige Weltsozialforum auf dem Universitätsgelände von Dakar ist am Freitag zu Ende gegangen. Auch diesmal hat es sich als geeigneter Anlass erwiesen, um neue Netzwerke zu knüpfen und bereits Bestehende zu stärken.

"Die Schweizer Delegation konnte verschiedene Workshops organisieren, deren Bilanz positiv ausfällt," sagt Jean-Claude Rennwald, sozialdemokratischer Parlamentarier und Direktionsmitglied der Gewerkschaft Unia. "Als Gewerkschaften haben wir uns auf das Thema Migration konzentriert, das uns besonders beschäftigt, angesichts des hohen Anteils an Ausländern an der Bevölkerung. Während der Workshops konnten wir auch Kontakte mit anderen Gewerkschaften knüpfen."

Organisatorische Probleme

Organisatorisch gesehen hat in Dakar nicht alles bestens funktioniert, besonders am ersten Tag nicht. Es mussten verschiedene Workshops abgesagt werden. Ein Wechsel an der Führungsspitze der Universität hat auch nicht dazu beigetragen, die Schwierigkeiten zu lösen. Der neue Rektor hatte anscheinend weniger Raum als vorgesehen zur Verfügung.

"Ursprünglich hatte unsere Organisation 'Frauen für den Frieden' eine Aula für 200 Personen reserviert", so Kiener Nellen. "Aber nur mit viel Schwierigkeiten fanden wir schliesslich ein Zelt für weniger als 100 Personen."

Diese Probleme hätten jedoch interessante Debatten nicht verhindern können, sagt der grüne Nationalrat Christian Van Singer. "Als Schweizer haben wir uns vielleicht etwas heimatlos gefühlt hier. Dennoch konnte ich an wirklich spannenden Workshops teilnehmen."

Die schlechte Organisation hat auch seine Parteikollegin Maya Graf nicht allzusehr gestört: "Wir gingen von funktionierenden Mikrofonen aus, sogar von Power Point-Präsentationen. Man muss sich schon bewusst sein, dass dies in einigen Länder einfach nicht machbar ist. Besonders wenn es um Anlässe geht, an denen Zehntausende teilnehmen. Dennoch müssen sich die Leute zusammensetzen und miteinander sprechen können."

Afrika organisiert sich selbst

Die Reise nach Dakar hat es den Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentariern vor allem ermöglicht, jene Wirklichkeit aus nächster Nähe zu erspüren, mit der die Afrikanerinnen und Afrikaner täglich konfrontiert sind. Zum Beispiel der Konzentration von Grund- und Bodenbesitz, der Verschuldung der Kleinbauern oder dem Ausbeuten des Meeresressourcen. So konnten Projekte besucht werden, die auch von Schweizer NGOs unterstützt werden.

"Ob am Forum oder während unserer Besuche vor Ort, der Wille der Leute, Lösungen zu finden, hat mich beeindruckt", so Graf. "Ein Manifest ist mir in diesem Zusammenhang besonders aufgefallen: 'Für eine bessere Welt - Afrika denkt nicht nur, sondern handelt auch.' Vielleicht befinden wir uns wirklich am Beginn einer neuen Ära für diesen Kontinent."

Die Schweizer NGOs bemühen sich nun, genau diesen Sinn für die Selbstorganisation weiterzuentwickeln: "Die Projekte, die wir gesehen haben, schätzen wir positiv ein. Man gibt ja heute nicht einfach Geld und Material, um Infrastrukturen einzurichten. Man versucht, den Leuten zu helfen, sich zu organisieren. Das dürfte wohl auch die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit sein, obschon natürlich die materielle Unterstützung weiterhin nötig bleiben wird", sagt Rennwald.

Neue Ideen für die parlamentarische Arbeit

Aus den zehn in Senegal verbrachten Tagen können die Schweizer Parlamentarier sicher neuen Antrieb für ihren politischen Alltag gewinnen. "Am Forum kamen mir drei oder vier Ideen für parlamentarische Interventionen", sagt Kiener Nellen. "Zum Beispiel stehe ich ja dieses Jahr noch der Finanzkommission vor. Da könnte ich für das Budget 2012 vorschlagen, dass die Schweiz für das Sozialforum die gleiche Summe vorsieht wie sie dem World Economic Forum in Davos zukommen lässt. Damit liesse sich bestimmt eine interessante Debatte über die Verwendung ähnlicher Gelder führen."

"Die Diskussionen in Dakar haben mir gezeigt, dass die Agrarpolitik, die die Grünen verfolgen, richtig ist - besonders, was den Aspekt der Ernährungs-Selbstständigkeit betrifft", sagt Maya Graf.

"Und wenn dann die Doha-Welthandelsrunde traktandiert wird, werde ich mich dafür einsetzen, dass auch ökologische und soziale Aspekte in das Vertragswerk einfliessen", so Graf. Die Völker möchten das so, egal ob es gewisse Regierungen auch möchten.

"Das Studium der Dossiers ist eine Sache", so Van Singer, "die Erkundung vor Ort die andere." Nur so sei es möglich, sich der Konsequenzen der einmal eingeschlagenen Politik bewusst zu werden. "Die Besitzkonzentration beim Boden oder die Ausbeutung der Meere sind keine abstrakten Probleme. Ganze Völker werden damit ihrer Ernährungsbasis beraubt."

(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)

 

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