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Ein Land, eine Stimme

In Porto Alegre - eine andere Art von Globalisierung

(von Christiane Grefe, Die Zeit)

Den Internationalen Währungsfonds (IWF) möchte Walden Bello am liebsten abschaffen. Die Welthandelsorganisation (WTO) ebenso. Weg damit! Diese Kerninstanzen der Globalisierung verträten nur die Interessen der reichen Staaten und seien gemeinsam mit der Weltbank dafür verantwortlich, dass sich Armut und Ungleichheit in vielen Dritte-Welt-Staaten verschlimmert hätten. Abschaffen, ist das nicht politisch naiv? "Zumindest darf die WTO ihre Macht nicht auch noch ausweiten, wie sie sich das bei ihrem letzten Gipfeltreffen in Doha vorgenommen hat."

Der Amerikaner Bello ist Soziologieprofessor in Manila und leitet die Nichtregierungsorganisation (NGO) Focus on the Global South in Bangkok. Er ist eine renommierte Stimme des Südens und extra nach Brüssel gekommen, in einen kargen Konferenzkeller, wo die Ponchos und Saris weit gereister Teilnehmer umso bunter wirken. Hier findet ein letztes Vorbereitungstreffen für das Weltsozialforum im brasilianischen Porto Alegre statt. Ab kommenden Donnerstag wollen sich dort 50 000 Gewerkschafter, Umweltschützer und Menschenrechtler treffen und dem Weltwirtschaftsforum zum zweiten Mal Konkurrenz machen. Auf dem Programm: eine sozial und ökologisch verträgliche Globalisierung und ein neues, demokratisches System internationaler Institutionen. Walden Bello gehört zu den Koordinatoren von Porto Alegre.

Ist er ein Antiglobalisierer? Bello zögert: "Selbstverständlich will ich eine vernünftige Zusammenarbeit der Volkswirtschaften. Aber fatal für die Staaten der Dritten Welt ist jene möglichst rasche, schrankenlose Integration in den Weltmarkt, wie sie im Moment unter dem Namen Globalisierung verbucht wird."

Wider den ökonomischen Zeitgeist will Walden Bello, der sich lange mit den Ursachen des Welthungers beschäftigt hat, Freiräume für Protektionismus erhalten. Schließlich bedeute dieses Unwort des freien Welthandels nichts anderes als Schutz: "Die Dritte-Welt-Staaten müssen die Chance haben, die Handelspolitik ihrer Entwicklungsstrategie unterzuordnen. Sie müssen die Freiheit behalten, Zölle zu erheben, ihre Wirtschaft vor den Schwankungen der Weltwirtschaft und vor sprunghaften Kapitaltransfers abzuschotten." Das alles verbiete die Politik von WTO, IWF und Weltbank: "Sie stülpt jedem Staat der Welt das gleiche Regelsystem für Politik und Wirtschaft über. Aber die gleiche Kleidergröße passt nicht jedem." Wenigstens, findet Bello, sollte man der WTO die Kompetenz für Landwirtschaft entziehen: "Agrarkultur muss regional angepasst bleiben, sie darf nicht global uniformiert werden."

Aber fordern nicht Globalisierungskritiker weltweit gültige Mindestanforderungen für Umweltgesetze und Arbeitsbedingungen? "Nicht die NGOs in der Dritten Welt", wehrt Bello ab. "Denn so schön das alles klingt: Solche Standards können die Länder des Nordens auch missbrauchen, um ihre Märkte gegen Produkte aus armen Ländern abzuschotten." Gewiss müssten diese Rechte auch in Entwicklungsländern durchgesetzt werden. "Aber warum ausgerechnet über die WTO? Den Arbeitern im Süden ist am besten geholfen, wenn der Norden seine Märkte für Produkte aus Entwicklungsländern öffnet." Bello gibt zu, dass sich Globalisierungskritiker in Nord und Süd in dieser Frage widersprechen. "Im Augenblick konzentrieren wir uns auf das, was uns eint."

Ob dazu auch die Vorstellungen über die Reform der globalen Institutionen gehören, das wird sich im Diskussionsgetümmel in Brasilien zeigen. Walden Bello jedenfalls will in Porto Alegre vorschlagen, den IWF durch eine neue, dezentral aufgebaute Weltfinanzinstitution zu ersetzen - innerhalb des UN-Systems: "Dort gilt das demokratische Prinzip ,Ein Land, eine Stimme', während die Macht bei IWF und Weltbank proportional zu den Kapitalbeiträgen verteilt ist."

 

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