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Berichte

Armut und Ungerechtigkeit am Pranger

(Interview)

(von Gerhard Dilger, FAZ)

Als der kolumbianische UN-Beamte José Antonio Ocampo im brasilianischen Porto Alegre das Podium bestieg, um einen Brief von Generalsekretär Kofi Annan an die 60.000 Teilnehmer des Weltsozialforums zu verlesen, war die Skepsis im Publikum mit den Händen zu greifen. Annan lobte in seiner Grußbotschaft zum Abschluss des Treffens die "enorme Bandbreite" von Themen, die in Porto Alegre von einer "beeindruckenden Vielfalt" von "Gruppen aus der Zivilgesellschaft" diskutiert worden seien. Die großen Menschheitsfragen könnten "nicht länger in privaten Enklaven der Reichen und Mächtigen beschlossen werden."

Nicht die Zeit für Brückenschläge

Der UN-Generalsekretär mahnte die Teilnehmer des globalisierungskritischen Treffens aber aber auch: Auf der Suche nach "pragmatischen Lösungen" sollten die in Porto Alegre vertretenen Gruppen mit Regierungen und privaten Unternehmen zusammenarbeiten. Das kann sich der reformistische Flügel unter den Forumsteilnehmern durchaus vorstellen. Allerdings machte Francisco Whitaker vom brasilianischen Organisationskomitee deutlich, dass das Forum selbst den Diskussionen innerhalb der heterogenen Bewegung vorbehalten sei: "Für die Debatte mit der Gegenseite gibt es andere Orte," begründete er die Entscheidung, den belgischen Premier Guy Verhofstadt als Redner nicht zuzulassen.

Ziel erreicht

Wie schon im Vorjahr versuchte das Weltsozialforum auch diesmal, sich vom New Yorker Weltwirtschaftsforum möglichst deutlich abzuheben. In den über 1.000 Veranstaltungen zu 26 Themenkomplexen ging es den Teilnehmern vorwiegend um den gegenseitigen Austausch. Auch an der Formulierung von Alternativen zur derzeitigen Weltordnung arbeiteten die strategischen Köpfe, aber dass über die großen Visionen Einigkeit erzielt werden könnte, hatte keiner erwartet.

Deutliche Kritik

"Wir sind vereint in der Entschlossenheit, gegen die Konzentration des Reichtums zu kämpfen, gegen die Ausweitung von Armut und Ungleichheit, gegen die Zerstörung unserer Erde," heißt es in dem abschließenden "Aufruf der sozialen Bewegungen." "Wasser, Land, Lebensmittel, Wälder, Samen, die Kultur und die Identität der Menschen" müssten bewahrt werden. Abgelehnt wird der "Krieg gegen den Terror" ebenso wie die Politik der Industrieländer im Rahmen der Welthandelsorganisation, die nur den multinationalen Konzernen nutze.

Die "neoliberale Verheißung von Wachstum und Wohlstand" sei "eine Lüge". Vielmehr würden weltweit Sozialausgaben gekürzt und Arbeitnehmerrechte ausgehöhlt. Konsens war auch, dass die argentinische Krise vor allem die Folge einer gescheiterten IWF-Strukturanpassungspolitik sei.

Forderung nach Umverteilung

Den Ländern des Südens stünden ein "bedingungsloser Schuldenerlass" sowie Reparationszahlungen für die sozialen und ökologischen Folgen jahrhundertelanger Ausbeutung zu. Auch die Forderung nach der Tobin-Steuer auf Spekulationsgewinne und nach Abschaffung von Steueroasen zielt auf die Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich.

Dezentrale Treffen geplant

Für den philippinischen Soziologen Walden Bello, der sich für eine schrittweise "De-Globalisierung" stark macht, ist Porto Alegre "ein großer Schritt nach vorne". Dezentral müsse auch die weitere Mobilisierung zwischen den Großforen erfolgen. Im Herbst sollen die ersten Regionaltreffen auf anderen Kontinenten stattfinden. Das europäische Sozialforum ist für November in Italien geplant. Anfang 2003 kommt das Weltsozialforum wieder in Porto Alegre zusammen, 2004 will man nach Indien umziehen.

 

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