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Berichte

Wille ist mächtiger als Geld

Ein Beispiel zum unabhängigen Erhalt der Tierwelt

(von Carsten Stark)

1. Februar 2002 - Von Pacha Mama kommt alles und zu ihr kehrt alles wieder zurück, denn der Himmel wäre dazu zu weit entfernt. Daher kommt auch sämtliche Weisheit durch die Fusssohlen.

Die Inkas hatten eine innige Beziehung zur "Mutter Erde" und daher auch tiefsten Respekt vor ihr, was sich in traditioneller Weise bis in die heutigen Tage gehalten hat. So kann man in Bolivien immer noch beobachten, wie etwas von der Chicha, dem traditionellen "Bier" aus gegärtem Mais, auf den Boden geschütet oder Reis vom Teller in die Pflanzentöpfe geworfen wird.

Leider spiegeln solche Rituale nur Tradition und nicht das Bewusstsein der Menschen wieder, denn von einem Umweltbewusstsein ist Bolivien genauso weit entfernt, wie von seiner Inkazeit. Bunte, im Wind flatternde Plastiktüten, die über prachtvollen Ladschaften zerstreut sind, geben zwar skurrile Bilder ab, schocken aber selbst Nicht-Sandalenträger. Noch deutlicher wird das gewandelte Verhältniss bei der Betrachtung der Behandlung von Tieren. Ihnen wird nicht die geringste Subjektivität zugestanden. Nicht nur dass Strassenhunde aus Langeweile mit Steinen beworfen werden, es gibt immer noch alltägliche Aberglauben, die das Vergraben eines Lahmafötus im Fundament eines Hauses oder das Aufhängen eines ausgestopften Pumas verlangen. Für einen Bolivianer sind die Kämpfe von Tierrechtsaktivisten oder Vegetariertum schlichtweg lächerlich und bestätigen einfach nur ihr Bild von den "gringos locos" (Verrückte Weise).
Da verwundert es nicht, dass Bolivien zu den führenden Ländern der Selbstberraubung durch Tierhandel gehört, bevorzugt die laut der Roten Liste 53 bedrohten Arten (IUCN, 2000). Aber nur "Tierhippies" können die kleinen Tierhändler der Strasse für den Verkauf eines kleinen Papageis zum Preis von 5 Euro ernsthaft anklagen, denn diese Menschen leben meisst unter der Armutsgrenze. Von dem Verkauf eines solchen Vogels können sich zwei Personen in ihrer Blech-Plastikbehausung drei Tage ernähren.
Man kennt solche Probleme weltweit und es gibt schön zu lesende Schriften über die Notwendigkeit einer Verbesserung und Forderungen zum moralische Wandel, doch was kann aktiv getan werden ?
Dieses Problem beschäftigte ein bolivianisches Paar, und als vor knapp sieben Jahren Juan Carlos für seine herausragende Arbeit mit Strassenkindern eine dotierte Auszeichnung erhielt, wurde der Grundstein für ein ehrgeiziges Projekt gelegt. Mit Nena, seiner Lebensgefährtin, gründete er die Communidad Inti Wara Yassi (CIWY). Die Mission sollte nicht nur Umweltaktivismus in Form von Aufklärung sein, sondern aktiver Schutz der reichhaltigen Tierwelt.

Sie konnten ein Haus im tropischen Machia Park errichten und begannen Affen aus ihrem ein Kubikmeter kleinen Käfig in Privathäusern zu befreien. Was auf Grund der Situation vielleicht verwundern mag: Bolivien hat ein Gesetz, dass den Verkauf und Besitz von wilden Tieren verbietet. Nena und Juan Carlos machten sich dies zu Nutze, um mit polizeilicher Unterstützung die leidenden Tiere von Privatpersonen, Tierhändler oder Zirkussen zu konfiszieren.

Heute versorgt CIWY an die 50 Affen, von Kapuziner- bis Spinnenaffen, 50 Vögel, wie Falken, Tukan und Papagaien, 40 Schildkröten, von denen viele importiert sind, hie und da Kaimane oder Schlangen, zwei Pumas, einen Jaguar und andere mehr. Die bemerkenswerte Aufgabe besteht darin, dass das Ziel dieser Tiere ihre Freilassung in ihren natürlichen Lebensraum sein wird. Sie werden medizinsch versorgt, warten bis ihre Flügel nachgewachsen sind und werden auf das Leben in der Wildnis vorbereitet. Dass dies nicht einfach ist versteht sich von selbst. Affen gewöhnen sich sehr schnell an den Menschen und werden daher zu Gruppen zusammengebracht und ausgesetzt, wenn diese an Stabilität gewonnen haben. Befreiungen finden erst nach tierärztlichen Untersuchungen statt und einigen Tieren, wie in Gefangenschaft aufgewachsene Vögel, kann ein Leben in Freiheit nicht mehr ermöglicht werden. Diese werden in grosszügigen Gehegen gehalten oder in zuvor inspizierte Parks gebracht.

Ein momentaner Sorgenfall ist eine vom Aussterben bedrohte Harpie, die von einer Familie gehalten wurde. Deren Hund attackierte den fast ein Meter grossen Vogel und brach ihm dabei die Hüfte und einen Flügel. Nach fünf Monaten ist dieses einzigartige Tier nicht fähig zu fliegen und geht nur schwer. Es wurden Kontakte mit anderen Organisationen geknüpft, die mehr Erfahrung mit Harpien haben und ein in Panama dafür spezialisiertes Projekt hat sich entschlossen sie aufzunehmen.

Der endgültigen Abwicklung des Transportes und der Ausfuhr sind jedoch noch einige Hürden im Weg. So kämpft CIWY mit der Regierung, die sie beschuldigt, die Tiere verkaufen zu würden. Im Wirrwar bolivianischer Bürokratie und Korruption gibt es Kämpfe zwischen Gruppen um Gelder und Macht, was zu einer Diffamierung durch eine Organisation, welche Tiere für Zoos beschafft, geführt hat. Solange die Regierung kein Geld zu sehen bekommt, wird sie auch keine Genehmigung erteilen. Vermutungen reichen hier aus, Beweise werden nicht gebraucht, nicht mal die Finanzen wollen, trotz Angebot, überprüft werden.

Doch Geld ist das andere Problem dieses Projektes, das heute hauptsächlich auf die freiwilligen Mitarbeiter, in der Regel Reisende aller Nationen, angewiesen ist; eine weiter Faszination von CIWY.
Menschen aus der ganzen Welt arbeiten zusammen an Projekten und machen einzigartige Erfahrungen in der nahen Zusammenarbeit mit exotischen Tieren. Gelobt wird die Unabhängigkeit, die jeder einzelne Voluntär erhält. Man verantwortet seine Arbeit, bestimmt Verbesserungen demokratisch und jeder kann sich nach eigenem Gutdünken einbringen.

Die Gemeinschaft der "Ciwylisierten" wächst international. So sammelt eine Gruppe in Israel Gelder, um in einem halben Jahr einen neuen Ort für die Katzen, von Wildkatzen über Ozelots bis zum Jaguar, zu errichten, über eine Mailingliste wird die Verbindung aufrechterhalten und die nächste Stufe soll ein "Botschafter" in jedem Land sein.

Dieses Projekt zeigt, wie man mit wenig Geld, aber Willen und Handeln die Welt verändern kann. Fast anarchisch organisiert, reift ein wichtiges Projekt zur Beispielhaftigkeit auf verschiedenen Eben heran: Mitbestimmung der Arbeiter, Erhalt der Natur und "Globalisierung".

Eine andere Art, Pacha Mama wieder etwas von ihrer Herrlichkeit zurückzugeben.

(Kontakt : ciwylizacion@yahoo.com Spendenkonto: Sparkasse Freiburg BLZ 680 501 01 Konto Nr. 11 454 157)

 

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