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Berichte

Bewegend, aber umstritten

Das internationale Aktivistentreffen wirbt für die Rechte der Frauen und Indigenen. Und für Brasiliens Ex-Präsident Lula

(von Martin Kaul, taz)

Ein Mann auf einer Bühne spricht in ein Mikro, um ihn herum viele andere Menschen 
Ex-Präsident Lula bei der Solidaritätsveranstaltung am Donnerstag in Salvador. Foto Martin Kaul

SALVADOR DA BAHIA taz | Auf dem Campus werden noch Flyer verteilt, aber bald wird eingepackt: Mit dem Ruf nach einem Stopp der Gewalt gegen Frauen, einem effektiven Schutz der indigenen Völker und einer besonderen Solidaritätssadresse an Brasiliens Ex-Präsidenten Lula geht am Samstag das Weltsozialforum in Salvador da Bahia zu Ende.

Das internationale Aktivistentreffen hatte am Dienstag in der Millionenmetropole an Brasiliens Küste begonnen und täglich mehrere tausend Menschen zu den insgesamt rund 1.600 politischen Debatten, Demonstrationen und Kulturveranstaltungen angezogen.

Einen besonderen thematischen Schwerpunkt hatten die Veranstalter auf die Rechte der Frauen gelegt. Zahlreiche Frauenorganisationen hatten während der fünftägigen Konferenz auf ihre in Brasilien und anderen Ländern oftmals prekäre Lage hingewiesen und diskutiert, wie sich etwa die Rechte der Hausangestellten in Burkina Faso, die Rechte der Mädchen auf Schulbildung und der Schutz vor häuslicher Gewalt realisieren lassen.

Auch die Podien und Veranstaltungen waren häufig weiblich dominiert. Am Freitagmorgen fand im historischen Zentrum der Kolonialstadt die sogenannte „Weltversammlung der Frauen“ statt.

Mord an Menschrechtspolitikerin

Überschattet wurde das Treffen jedoch von dem Mord an der prominenten Feministin und Kommunalpolitikerin Marielle Franco, die am Mittwoch in Rio de Janeiro mit vier Kopfschüssen offenbar gezielt hingerichtet worden war. Zuvor hatte sich die afrobrasilianische Menschenrechtspolitikerin insbesondere für die Rechte schwarzer Frauen und Kinder eingesetzt und die Militärintervention in Brasiliens Armenvierteln wiederholt öffentlich kritisiert.

Auch die Rechte der indigenen Völker spielten eine besondere Rolle beim diesjährigen Weltsozialforum. Hunderte Indigene waren aus allen Teilen Brasiliens angereist, um an der Konferenz teilnehmen zu können. Auf dem Campus der Universität verkauften sie Federschmuck und Holzpfeifen, in den Hörsälen schilderten sie die Konflikte um Land, die häufig zwischen indigenen Gruppen und Großgrundbesitzern entstehen – und oft in bewaffneten Auseinandersetzungen enden.

Neben diesem Themen standen etliche andere auf der Tagesordnung – etwa der Kampf gegen den globalen Klimawandel und für eine Besteuerungen globaler Finanztransaktionen.

Gottesdienst für Ex-Präsidenten

Besondere Bedeutung kam allerdings einem Politiker zu, der auch selbst am Forum teilnahm: Brasiliens Ex-Präsident Luis Inácio Lula da Silva. Das Weltsozialforum feierte am Donnerstagabend in einer streckenweise an einen Gottesdienst erinnernden Solidaritätsveranstaltung Brasiliens Ex-Präsidenten. In einem nur spärlich besetzten Fußballstadion forderten mehrere tausend Teilnehmer die Zulassung Lulas zur Präsidentschaftswahl im Oktober.

Lula muss nach einem Gerichtsurteil wegen Korruptionsvorwürfen derzeit befürchten, bald inhaftiert zu werden. Er revanchierte sich nach mehrstündigem Programm mit einer bewegenden Rede, in der er auf die verfahrene Lage im Land hinwies und auf die Erfolge seiner eigenen Regierungszeit.

Inwiefern das Weltsozialforum sich derart eindeutig hinter den brasilianischen Expräsidenten stellen sollte, war zuvor intern umstritten. Wie es mit dem Forum künftig weitergehen soll, diskutiert nun ab diesem Samstag, im Anschluss an das Forum, der Internationale Rat der Weltsozialforums.

 

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